Von Erholung keine Spur: Pleitegeier kreisen über München

Die Zahl der Unternehmens-Insolvenzen ist im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent gestiegen – es erwischt Traditionsbetriebe wie Vitalia genauso wie Immobilien- und Fitnessfirmen.
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Pleitegeier über BenQ - schon im Frühjahr 2008
ap Pleitegeier über BenQ - schon im Frühjahr 2008

MÜNCHEN - Die Zahl der Unternehmens-Insolvenzen ist im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent gestiegen – es erwischt Traditionsbetriebe wie Vitalia genauso wie Immobilien- und Fitnessfirmen.

Die Pleitewelle rollt – und sie scheint nicht aufzuhalten. Am Dienstag hat sie den fränkischen Großkonzern Quelle erwischt. Das Ende des Versandkonzerns kostet tausende Arbeitsplätze, doch auch in München stehen viele Traditionsunternehmen vor dem Aus.

Zahlungsunfähig ist seit dieser Woche die Reformhaus-Kette Vitalia, die vor 41 Jahren in München die erste Filiale eröffnet hat. Der Betrieb geht derzeit noch weiter, doch die Zukunft des Unternehmens steht in den Sternen. Selbst Immobilienfirmen werden von der Pleitewelle nicht verschont – wie die Münchner Kindl Hausbau. In der Gastronomie haben das Villanis in der Asampassage und das Café Tela in Obergiesing Insolvenz angemeldet. Die Macher der Agentur „Flor & Decor“, die hochklassige Events ausstatten, wissen finanziell nicht weiter. In der Mode hat es Rosner erwischt. Nach 30 Jahren im Geschäft ist die Spedition Bauer & Kusterer im Insolvenzverfahren.

Beim Amtsgericht München stapeln sich tausende Akten. „Die Pleitegeier kreisen“, mutmaßte Gerhard Zierl, Präsident des Amtsgerichts, schon im Frühjahr. Die Zahlen für den Herbst bestätigen seine bösen Vermutungen weitgehend. Für die ersten neun Monate sind 1875 Unternehmens-Insolvenzen am Münchner Amtsgericht gemeldet. Im gesamten vergangenen Jahr waren es 2291. Aufs Quartal gerechnet beträgt die Steigerung zehn Prozent.

In nackten Zahlen heißt das: In drei Monaten werden derzeit in München im Schnitt 625 Unternehmen zahlungsunfähig. Im Jahr 2008 lag die Zahl bei 572 Unternehmen. Der Trend wird sich für das Ende des Jahres wohl noch verstärken. „Man merkt eine starke Zunahme der Insolvenzen – und es sind wirklich Betriebe aller Größenordnungen betroffen“, sagt Istvàn Cocron, Fachanwalt für Insolvenzrecht der Kanzlei CLLB.

Und die lange prophezeiten ersten Zeichen einer Erholung der Konjunktur? Die kann Experte Cocron bislang nicht feststellen: „Die Zahlen sprechen da eine ganz andere Sprache“, sagt der Münchner Anwalt. Die Kreditklemme bei den Banken sei „Gift für den Mittelstand“. Und die Folgen der Finanzkrise seien noch lange nicht ausgestanden.

Immerhin, auch einen Rat hat der Anwalt für Unternehmen in Schieflage parat: „Man sollte sich in diesen Zeiten genau umschauen, mit welcher Bank man zusammenarbeitet.“ Die Stadtsparkasse München sei „eines der wenige Kreditinstitute, das noch Gewinne erwirtschaftet“. Denn dort habe man im Gegensatz zu vielen anderen Banken die Finger von den sogenannten toxischen Papieren gelassen.

Auch die beliebte Fitness-Kette „Elixia“ hätte sich rechtzeitig nach einem Kreditgeber umschauen sollen – auch sie musste Insolvenz anmelden. Sieben Studios betrieb sie in München, seit Montag firmieren zwei von ihnen unter neuem Namen.

Die Studios in der Trappentreu- und der Ungererstraße hat das Münchner Fitness-Unternehmen „Body and Soul“ gekauft. „Die Mitglieder sollen mit Briefen darüber informiert werden. Denn in den zwei Studios können Elixia-Kunden nicht mehr trainieren. Das Studio am Prinzregentenplatz ist nicht pleite und wurde schon vor der Insolvenz als eigene GmbH geführt. „Die anderen Studios stehen zum Verkauf. Wir sind weiter auf der Suche nach Investoren“, sagte Astrid Düring vom Berliner Insolvenzverwalter Schröder Rechtsanwälte. Doch solange die Pleitewelle rollt, wird das sehr schwierig werden.

rke, bb, dur

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