Von 19,6 auf 19 Prozent: Zoff um den Rentenbeitrag

Bald mehr Netto vom Brutto? Ab 1. Januar 2013 soll der Rentenbeitragssatz von 19,6 auf 19 Prozent sinken. Doch im Bundesrat könnte es eng werden für den Kabinettsbeschluss.  
von  va
Arbeitsministerin von der Leyen findet die Beitragssenkung „vertretbar“
- und pocht weiter auf die Zuschussrente.
Arbeitsministerin von der Leyen findet die Beitragssenkung „vertretbar“ - und pocht weiter auf die Zuschussrente. © dpa

Bald mehr Netto vom Brutto? Ab 1. Januar 2013 soll der Rentenbeitragssatz von 19,6 auf 19 Prozent sinken. Doch im Bundesrat könnte es eng werden für den Kabinettsbeschluss.

Berlin - Angestellte und Arbeitgeber werden ab 1. Januar 2013 weniger Rentenbeiträge zahlen müssen. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch  beschlossen, dass der Rentenbeitragssatz von derzeit 19,6 Prozent auf rund 19 Prozent sinkt. Wer brutto 3000 Euro im Monat verdient, hätte dann neun Euro mehr im Monat. Insgesamt würde der Schritt die Beitragszahler um rund 5,4 Milliarden Euro entlasten. Die Sozialabgaben wären auf dem niedrigsten Stand seit 1995.

Doch es gibt Widerstand gegen den Gesetzentwurf – und der Bundesrat könnte die Beitragssenkung stoppen. Zuletzt war wegen des guten Arbeitsmarkts mehr Geld in die Rentenkasse geflossen. Das löst laut dem geltenden Rentengesetz einen Automatismus aus: Wenn die Finanzreserve der Rentenversicherung – die so genannte Nachhaltigkeitsrücklage – mehr als das 1,5fache einer Monatsausgabe erreicht, muss der Beitrag sinken. 2011 wurden im Schnitt 17 Milliarden Euro pro Monat an die Rentner ausbezahlt. Wegen der guten Konjunktur wuchs die Rücklage nun auf rund 24 Milliarden Euro. Um wie viel genau der Beitrag sinkt, soll entschieden werden, wenn die Daten der Deutschen Rentenversicherung im November vorliegen.

Der Bundesrat muss dem Gesetzentwurf zustimmen

Zur Entlastung wird es aber nur kommen, wenn der Bundesrat dem Gesetzentwurf zustimmt. Und das ist ungewiss: Nicht nur rot-grün-, sondern auch unionsgeführte Länder wie das Saarland kritisieren das Vorhaben. Sie wollen die Rücklagen lieber für schlechtere Arbeitsmarktzeiten aufsparen. So zeichne sich für die Zukunft „ein deutlicher Ausgabenanstieg“ ab, sagte Saarlands christdemokratischer Sozialminister Andreas Sorm.

Ebenfalls als „falsch“ bezeichnet SPD-Sozialexpertin Annette Kramme die geplante Beitragssenkung. „Die Regierung agiert nach dem Motto ,Nach uns die Sintflut’.“ Die Rentenversicherung werde künftig jeden Cent brauchen, um Altersarmut zu bekämpfen, sagte sie. Der Bundesrat könnte das Gesetz noch stoppen, wenn sich zwei Drittel der Länder dagegen aussprechen. Zuletzt hieß es, dass sich zwölf der 16 Länder dagegen aussprechen könnten. Allerdings kann der Einspruch wiederum im Bundestag zurückgewiesen werden: Wenn zwei Drittel der abgegebenen Stimmen zusammenkommen, mindestens jedoch die Stimmen der Hälfte aller Mitglieder.

Es gab auch Lob für von der Leyen

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen verteidigte den Gesetzentwurf nach der gestrigen Kabinettssitzung. Sie nannte die Senkung „vertretbar“. Die Rentenkasse sei so gut gefüllt, „dass der erwerbstätigen Generation ab dem 1. Januar mehr vomhart erarbeiteten Einkommen bleibt“. Es mache keinen Sinn, jetzt Milliarden zu horten, die erst in Jahrzehnten benötigt werden.

Lob gab’s von Arbeitgeberpräsident Dieter Hund. Die Idee, statt einer Beitragssatzsenkung eine Demografiereserve in der Rentenversicherung aufzubauen, funktioniere nicht. „Alle Erfahrungen zeigen, dass Rücklagen die Politik dazu verleiten, die angesammelten Mittel für Leistungsausweitungen, Reformrücknahmen oder andere Zwecke zu verwenden.“

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.