Verheerend falsch

Am schlimmsten trifft es die Kinder, die es am nötigsten hätten: AZ-Redakteurin Anja Timmermann über die Hartz-IV-Debatte und die Rolle der Kinder.
Geschickter Schachzug der SPD: Für eine Einigung bei Hartz IV bringt sie unter anderem den Verzicht auf die Herdprämie der CSU ins Spiel – 150 Euro im Monat sollen Eltern ab 2013 als Belohnung erhalten, wenn sie ihr Kind nicht in die Kita schicken.
Es ist schon klar, wie die CSU das gemeint hat: Eine Hommage an das von ihr vermutete konservative Weltbild, dass die Mama daheimbleibt und der Papa das Geld verdient. Doch in den zwei großen aktuellen Debatten wird offensichtlich, dass das Projekt nicht nur unnötig und teuer ist – sondern sogar aktiv verheerend falsch. Denn genau die Kinder, die eine frühe Förderung am nötigsten hätten, werden dann erst recht davon ferngehalten. Eben die Kinder aus sozialen Brennpunkten, aus Familien von Langzeitarbeitslosen, aus Migranten-Familien, die genau das bräuchten: Sprachtraining, Bildung, Kontakt mit anderen gesellschaftlichen Welten, frühes Erkennen von Defiziten. Klar werden viele Familien, gerade eben da, wo das Geld knapp sitzt, lieber die 150 Euro nehmen, als das Kind in die Kita zu schicken.
Natürlich ist eine öffentliche Betreuung nicht alleinseligmachend. Und natürlich hat jede Familie, jede Mutter, jeder Vater das Recht, selbst zu entscheiden – so oder so. Schwierig wird es aber, wenn eine der Optionen finanziell belohnt wird. Und noch schwieriger, wenn es genau der falsche Anreiz für die Falschen ist. Kann man nur hoffen, dass die CSU irgendwann mal im 21. Jahrhundert ankommt.