Unverständlich
Mehr Geld – und trotzdem Heulen und Zähneklappern: Georg Thanscheidt über die Forderungen der Ärzte.
Regelleistungsvolumen, Sicherstellungspauschale, morbiditätsbedingte Gesamtvergütung – es gibt viele Formeln im bundesdeutschen Gesundheitssystem, die nicht nur Laien, sondern auch vielen Experten unverständlich sind. Völlig unverständlich wird es aber, wenn man – als leider nicht unbeteiligter Krankenkassen-Kunde – die grundlegenden Formen der Reformen, die jetzt noch nicht einmal 14 Tage in Kraft sind, betrachtet:
Zum 1. Januar haben die Krankenkassen für alle niedergelassenen Ärzte insgesamt 2,75 Milliarden Euro mehr zur Verfügung gestellt. Von 2007 bis 2009 steigen die Honorarleistungen demnach um elf Prozent. Und was passiert? Bei den Fachärzten herrscht Heulen und Zähneklappern.
Sie beklagen massive Einkommensverluste. Da fragt sich der laienhafte Kassen-Patient, der ja seit 1. Januar nicht nur einen Teil der Arbeitgeber-Anteile, sondern auch noch einen erhöhten Beitragssatz zahlt: Ja, wo geht’s denn hin, mein Geld?
Zwei Vermutungen drängen sich auf: Entweder zetern jetzt und hier die Verlierer der Reform, während andere genüsslich schweigen und das Geld einstecken. Oder unser Gesundheitssystem ist so marode, dass Milliarden auf dem Weg vom Gehaltszettel der Arbeitnehmer zur Bilanz der Mediziner spurlos versickern. Letzteres ist nicht völlig auszuschließen, aber trotzdem eher unwahrscheinlich.
Was bleibt? Die Aufforderung an die Kassen, Politiker und vor allem Ärzte, das Plus gleichmäßiger zu verteilen. Und bitte nicht wieder die Patienten als Geiseln zu nehmen oder zur Kasse zu bitten
Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der Abendzeitung
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