Unerträgliche Hybris
Langsam zeigt Ratzinger wieder sein wahres Gesicht. Anja Timmermann über die Personalentscheidungen des Papstes.
Bei all dem, was man dem Papst vorwerfen kann, ist eines sicher nicht dabei: Dummheit. Deswegen ist auch kein unglücklicher PR-Patzer, dass er ausgerechnet jetzt nach der Rehabilitierung eines ultrakonservativen Holocaust-Leugners gleich den nächsten ultrakonservativen Spinner adelt. Sondern eine klar kalkulierte Provokation. Der neue österreichische Bischof ist zwar harmloser als der Antisemit – er hält nur Harry Potter für Satan und den Tsunami für eine gerechte Strafe Gottes an Thailand-Urlaubern. Aber den weltlichen Beobachter macht es fassungslos, was für Gestalten da befördert werden.
Für Benedikt XVI. ist es genau das gewünschte Signal: klare Kante zeigen. Konservative Kante. Dass er Dialog nicht nötig hat. Ohne jegliche Not: Der Holocaust-Leugner hätte genauso gut exkommuniziert bleiben können, in Linz hätte der Papst genauso gut einen der Kandidaten der Diözese nehmen können.
Er zeigt etwas damit. Etwas, was an Josef Ratzinger durchaus deutlich war.Was im „Wir-sind-Papst“-Taumel etwas weicher wurde; was wir weniger sehen wollten. Aber was sich nun wieder Bahn bricht: mit dem Gerede über die minderwertige Kirche der Protestanten, mit der Regensburger Rede über den unmenschlichen Islam, mit der Hofierung von Juden- Feinden. Der Reaktionär mit der unerträglichen Hybris, dass alle Nicht-Katholiken als Menschen weniger wert sind.
Die katholische Kirche ist – Gott sei Dank – mehr als nur dieser selbstgerechte alte Mann. Aber bei so einem Oberhaupt braucht sie sich nicht wundern, dass die Menschen vor ihr flüchten.
Die Autorin ist leitende Redakteurin der Abendzeitung
- Themen:
- Benedikt XVI
- Katholische Kirche
- Päpste