Unanständig

Der Chor der Empörten müsste größer sein. Matthias Maus über Günther Becksteins Wählerbeschimpfung.
von  Abendzeitung

Der Chor der Empörten müsste größer sein. Matthias Maus über Günther Becksteins Wählerbeschimpfung.

Mit dem Anstand ist das so eine Sache. Lang hing dem Begriff etwas Altmodisches an, weil er so ein bisschen unhandlich und schwer ist. Er geht nicht leicht von Zunge und er schiebt den Sprecher schnell ins Pathetische. Man verwendet ihn also besser sparsam.

Günther Beckstein zum Beispiel hätte gut daran getan, diese Regel zu befolgen. Er hat sich gerade bemüht, den Weg vom Scharfmacher im Innenministerium zum Landesvater zu bewältigen – mit Anstand sozusagen. Aber mit seinem jüngsten Spruch hat er sich anständig blamiert. Dass alle „anständigen Bayern“ CSU wählen, durfte man schon immer bezweifeln. Dass dies im September so sein wird, ist fast ausgeschlossen. Es steht sogar zu erwarten, dass der Anteil der „Anständigen“ nach Becksteins Definition deutlich abnehmen wird.

Davon abgesehen ist die Unterscheidung zwischen „anständigen“ Schwarzen und dem daher „unanständigen“ Rest eine satte Beleidigung. Die mag bei der CSU unter lebendiges Brauchtum fallen, eine Unverschämtheit ist sie dennoch. Die Reaktion von Franz Maget ist verständlich, und es fragt sich, warum der Chor der Empörten nicht größer ist.

Das umso mehr, als der letzte Appell an die „Anständigen“ in der Politik einen tiefernsten Hintergrund hatte. Schröders „Aufstand der Anständigen“ richtete sich bekanntlich gegen rechtsradikale Gewalttäter. Und mit denen muss sich niemand in einen Topf werfen lassen. Nicht hier in Bayern und auch nicht jetzt im Wahlkampf.

Der Autor ist Chefreporter der Abendzeitung

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