Überfällig, kein Sieg
AZ-Chefreporter Matthias Maus über das Ende der Wehrpflicht
Erstaunlich, wie schnell das geht. Gestern noch eine der Grundfesten der Republik, heute auf dem Weg zur Müllhalde der Geschichte.
Dass die Wehrpflicht so lautlos implodiert, hat auch tiefere Gründe. Zwei Jahrzehnte nach Ende des Kalten Kriegs ist eine stehende, mehrere Hunderttausend Mann starke Armee sinnlos. Die Zwangsmaßnahme, eine willkürliche Zahl ausschließlich junger Männer in ihrer persönlichen Laufbahn zu behindern, ist ungerecht und nicht mehr zeitgemäß.
Die Wehrpflicht überlebte lange wegen einer Heuchelei
Solche Umstände haben es Karl Theodor zu Guttenberg erleichtert, die sturmreife Festung zu schleifen. Doch für Triumph besteht kein Grund. Mit der Lösung des einen Problems werden neue geschaffen und andere verschärft.
Lange überlebte die Wehrpflicht wegen einer Heuchelei, weil das Land in Wahrheit billige Arbeitskräfte im Sozialwesen brauchte. Das Heer der Zivildienstleistenden half den – oft staatlichen – Trägern aus der Not, Personal teuer einzustellen. Das Problem wird sich in einer alternden Gesellschaft verschärfen.
Und bei der Bundeswehr? Es wird sich drängender die Frage stellen, wer und wes Geistes Kind die Freiwilligen sind, die sich zum Dienst an der Waffe melden. Last, not least: Eine Gesellschaft, in der Soldat nur ein Beruf wie jeder andere ist, schickt seine Armee womöglich leichtfertiger in bewaffnete Konflikte als ein Gemeinwesen, in dem auch selbstbewusste „Staatsbürger in Uniform“ gefragt sind.
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