Über den Tisch gezogen? Zockerpapiere für Rentner

„Garantie-Expressplus-Anleihe“ ohne Risiko? Wie Bankberater unerfahrene Anleger dazu bringen, in überflüssige und unsinnige Papiere zu investieren. Ein Rentner aus Neuperlach fühlt sich über den Tisch gezogen.
MÜNCHEN Wolfgang Gerlach aus Neuperlach ist nicht gerade der Inbegriff eines Zockers. Der alleinstehende Ruheständler hält wenig von komplizierten Anlageprodukten. Stattdessen will er solide Zinsen auf sein Geld. Etwa auf die rund 30000 Euro, die er vor einiger Zeit in einem Prämiensparplan angelegt hatte.
Früher verstand sich Wolfgang Gerlach prächtig mit seiner Anlageberaterin bei der Stadtsparkasse. „Wenn ich in den Schalterraum kam und zum Automaten ging, kam die schon hervorgestürzt und hat mich gefragt, wie es mir ging.“ Heute ist der 71-Jährige aber auf die Bankangestellte schlecht zu sprechen. Der Grund: Als der Prämiensparvertrag auslief, berichtet er, habe ihn die Anlageberaterin zum Kauf der „Garantie-Expressplus-Anleihe“ der Landesbank überredet – ein Umstand, den er bitter bereut.
Der blumige Titel der Anleihe mag Gerlach überzeugt haben, vielleicht auch der Verkaufsprospekt mit dem Karabinerhaken auf dem Titelblatt. Die Funktionsweise des „innovativen Finanzprodukts mit attraktivem Ertragspotential“ hat sich ihm aber bis heute nicht erschlossen – wie es wohl bei vielen Menschen der Fall sein würde, die wenig mit Finanzen zu tun haben. Im Prospekt ist von „Feststellungstagen“ die Rede, an denen die Entwicklung des Aktienindex Euro Stoxx 50 betrachtet werde. Je nachdem, wie gut die Börsen laufen, sollte die Anleihe beispielsweise 11,5 Prozent in 27 Monaten bringen. Leider liefen die Börsen schlecht, weswegen sie im August 2010 wohl ohne Zinsen zurückgezahlt wird.
Wolfgang Gerlach ist ziemlich sauer, und sein Ärger bezieht sich auf das Wort „Landesbank“ in der Bezeichnung der Anleihe. Dass er jetzt keine Zinsen bekomme, liege an der Schieflage der BayernLB, glaubt er, und schäumt: „Damals, als mir das angeboten wurde, hat Sparkassen-Chef Harald Strötgen garantiert gewusst, wie hoch die Schulden der BayernLB sind.“
Wütende Reaktionen wie diese gibt es immer mal wieder in Bankfilialen. Oft sind Anleger enttäuscht, weil ihre Papiere schlecht laufen – und behaupten im Nachhinein, sie hätten nicht verstanden, was ihnen angedreht wurde. Die Stellungnahme der Stadtsparkasse zu dem Fall nimmt sich dementsprechend nüchtern aus. „Viele Anleger bevorzugen einerseits sichere Anlageformen, möchten sich aber dennoch die – langfristig gesehen – höheren Renditechancen am Aktienmarkt nicht ganz entgehen lassen.“ Und: Die Risikobereitschaft eines jeden Anlegers werde in der Anlageberatung geprüft.
Andererseits ist Wolfgang Gerlach kein Einzelfall. Deswegen ist Merten Larisch von der Verbraucherzentrale Bayern über Papiere wie die Garantie-Expressplus-Anleihe nicht gerade glücklich. „Es macht keinen Sinn diese Produkte jemandem zu verkaufen, der sich nicht wenigstens hobbymäßig mit Aktienmärkten beschäftigt“, sagt er. Solche Anlagen würden „offensichtlich gestrickt, um Provisionen zu generieren, nicht, um damit einen entscheidenden Anlageerfolg zu erzielen“.
Praktisch alle Banken haben derartige Papiere designt. Kunden, die sich übertölpelt fühlen, können ab November bei der Verbraucherzentrale nachholen, was im Bank-Beratungsgespräch möglicherweise versäumt wurde. Die Experten wollen erklären, wie die Produkte funktionieren – und wie sie die Kunden gegebenenfalls loswerden können. sun