Tag der Wahrheit für Opel: Der Fiat-Chef will die Auto-Allianz
BERLIN - Fiat-Chef Sergio Marchionne hat Chrysler schon in der Tasche – jetzt bietet er für Opel. An diesem Montag will er Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Vize-Kanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) ein Konzept präsentieren. Doch der Italiener hat zwei erbitterte Gegner.
Heute gilt’s. Sergio Marchionne wird seine ganze Überzeugungskunst brauchen. Der charismatische Fiat-Sanierer will einen neuen Super-Autokonzern schmieden – und die Politik soll ihn dabei unterstützen. Deswegen reist Marchionne nach Berlin und wirbt bei der Regierung für seinen Plan.
In den USA ist Marchionne schon fast am Ziel. Der Einstieg beim insolventen Hersteller Chrysler ist beschlossene Sache – trotz der Milliarden-Schulden, die Fiat in die Fusion einbringt. Jetzt also auch noch Opel. Dessen US-Mutter General Motors werde Chrysler bald in die Insolvenz folgen, wird geunkt. Je schneller Opel in sichere Hände kommt, desto besser also. Knapp eine Milliarde Euro bot Fiat bisher für den Konzern.
Zwei Fusionen auf einmal – ein Unding? Nicht unter seiner Leitung, wird Marchionne Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und der SPD-Spitze erklären. Hat Marchionne nicht vor zehn Jahren Fiat vor der Pleite gerettet? Und hat er nicht immer argumentiert, nur gemeinsam könnten die Autobauer die Branchenkrise abwettern? Höchste Priorität sei es, sagt er, „dass wir eine dauerhafte Lösung für den Autoschlamassel finden“. Aber Marchionne, der Pullis gediegenem Manager-Outfit vorzieht, hat mächtige Gegenspieler.
Klaus Franz: Der heimliche Boss in Rüsselsheim
Mochten die Chefs bei Opel kommen und gehen – der Betriebsratschef, der einst als Lackierer bei Opel angefangen hatte, blieb. Franz gilt als heimlicher Boss in Rüsselsheim. Er spricht mit Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit Ministerpräsidenten, mit Managern. Und er glaubt, dass Marchionne foul spielt, zehntausende Jobs opfern will. Marchionne kann es nur um das Know-how der Opel-Ingenieure und um die geplanten Staatsbürgschaften gehen, sagt der Gewerkschafter. Trotzdem will Franz mit Marchionne sprechen – höchstwahrscheinlich gleich heute.
Franz Stronach: Der Mann, der auch bei Opel einsteigen will
Frank Stronach. Auch er will bei Opel einsteigen und bietet dafür zusammen mit russischen Partnern fünf Milliarden Euro. Ähnlich wie Klaus Franz kommt Stronach ganz von unten – so erzählt es zumindest die Legende. Als Werkzeugmacher Franz Strohsack aus Simmering in der Steiermark zog der heute 76-Jährige aus, um sein Glück zu machen. In Kanada soll er sein erstes Geld als Tellerwäscher verdient haben. Dort änderte er seinen Namen und baute erst einen Handwerksbetrieb, dann unter dem Namen „Multimatic“ eine Auto-Zulieferfirma auf.
Mittlerweile heißt „Multimatic“ Magna International. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als größten Autozulieferer der Welt und hat insgesamt 240 Fabriken mit mehr als 74000 Beschäftigten. Magna entwickelt und produziert Teile und komplette Pkw für die gesamte Branche. Unter anderem fertigt Magna Steyr die Mercedes G-Klasse und den BMW X3.
In Österreich ist Stronach populär wie kaum ein anderer. 2004 unterstützte er den inzwischen tödlich verunglückten Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider im Wahlkampf. Der Selfmademan hält nichts von Betriebsräten. Die Gewerkschaften hat er mal als „Mafia“ bezeichnet.
Auch Ex-Kanzler Gerhard Schröder mischt mit
Trotzdem kann sich Opel-Betriebsratschef Klaus Franz weit mehr für Magna als für Fiat erwärmen. Gemeinsam mit IG-Metall-Chef Huber schmiedet Franz eine Allianz gegen Marchionne. Mit Erfolg: Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier bezeichnete einen Einstieg Magnas bei Opel bereits als „interessante Option für Opel“. Und Altkanzler Gerhard Schröder lässt seine Kontakte nach Russland spielen, berichtet der „Spiegel“. Er unterstütze die Österreicher bei ihrem Werben um Opel.
Sergio Marchionne könnte das Ränkespiel der Sozialdemokraten eigentlich egal sein, wäre er nicht auf die Politik angewiesen: Weil Opel in der einen oder anderen Form staatliche Hilfe zum Neustart braucht, braucht Fiat das Plazet aus Berlin. Marchionne wird deswegen heute versprechen, alle deutschen Opel-Standorte zu erhalten, wenn auch nicht in ihrer bisherigen Größe.
Wirtschaftsminister zu Guttenberg denkt aber nicht daran, sich voreilig festzulegen. Magna sei als Übernahme-Kandidat weiter im Rennen, stellte er am Wochenende klar. Frank-Walter Steinmeier will Marchionne mit einem 14-Punkte-Katalog mit Kriterien für einen Investor konfrontieren. Der Fiat-Boss wird alle Register ziehen müssen.
Susanne Stephan