T-Schnüffler sollen auch Kinder abgehört haben

Die Spitzel-Affäre bei der Deutschen Telekom entwickelt sich zu einem Skandal ungeahnten Ausmaßes. Nicht nur die Liste der Abgehörten wird länger und länger. Auch immer mehr Außenstehende werden als Abhör-Opfer bekannt.
von  Abendzeitung
Die Abhör-Affäre hat dem Konzern schon jetzt viel geschadet
Die Abhör-Affäre hat dem Konzern schon jetzt viel geschadet © dpa

Die Spitzel-Affäre bei der Deutschen Telekom entwickelt sich zu einem Skandal ungeahnten Ausmaßes. Nicht nur die Liste der Abgehörten wird länger und länger. Auch immer mehr Außenstehende werden als Abhör-Opfer bekannt.

Der Kreis der Betroffenen in der Spitzel-Affäre bei der Deutschen Telekom weitet sich aus. Inzwischen geht die Staatsanwaltschaft von mindestens 60 Personen aus, deren Telefon-Verbindungsdaten ausgewertet wurden. Damit bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft in Bonn einen entsprechenden Vorab-Bericht des Nachrichtenmagazins «stern». Bisher wurden rund ein Fünftel der vorliegenden Daten ausgewertet.

In der vergangenen Woche war noch von 55 Betroffenen die Rede gewesen, die von der Staatsanwaltschaft inzwischen angeschrieben würden - darunter Mitglieder der Aufsichtsräte Telekom und deren Tochterfirma T-Mobile, ein Vorstandsmitglied der Telekom sowie Betriebsräte und dem Konzernbereich nicht zuzuordnende Dritte.

Sekretärinnen und Kinder

Anscheinend wurden aber auch Menschen überprüft, die überhaupt nicht direkt mit der Telekom in Zusammenhang stehen. Erst in der vergangenen Woche war bekanntgeworden, dass auch der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske ausgespäht wurde. Wie der «stern» nun berichtet, sind auch die Verbindungsdaten von DGB-Bundesvorstand Dietmar Hexel überprüft worden, der beruflich kaum Berührungspunkte mit der Telekom hatte. Außerdem seien unter den Opfern der Aktion auch zwei damalige Vorstandssekretärinnen, darunter die des damals amtierenden Konzernchefs Kai-Uwe Ricke. Ricke gehört heute zu den Hauptbeschuldigten in der Affäre.

«Ich gehe davon aus, dass auch abgehört wurde»

Bei den Betroffenen wächst der Verdacht, dass sich die Sicherheitsabteilung nicht nur Zugang zu Verbindungsdaten verschaffte, sondern auch zu Inhalten von Gesprächen oder Mail-Verkehr. Betriebsrat Wolfgang Borkenstein, dessen Handy-Daten ebenfalls ausgespäht wurden, sagte dem «stern»: «Ich gehe davon aus, dass auch abgehört wurde. Verbindungsdaten machen doch sonst gar keinen Sinn.» Nach einem Bericht des «Handelsblatt» Mittwoch sind bei der Bemühungen der Telekom, die firmeninternen Quellen eines Journalisten auszuspähen, auch Gesprächsdaten von Personen überprüft worden, die als «undichte Stellen» nie wirklich infrage kommen konnten - darunter etwa die Kinder zweier Aufsichtsräte der Telekom. Dem Bericht zufolge liegt der Zeitung die Liste mit sämtlichen Namen der Betroffenen vor.

Ex-Chefs im Focus der Ermittlungen

Die Telekom hatte im Mai diesen Jahres eingeräumt, dass sich Mitarbeiter in den Jahren 2005 und 2006 Daten von Mobilfunkgesprächen widerrechtlich besorgt und ausgewertet hatten. Damals ging der Konzern davon aus, dass nur die Telefonate eines Journalisten und eines Aufsichtsrats, des Ex-Gesamtbetriebsratschefs Wilhelm Wegner, ausgespäht wurden. Die Staatsanwaltschaft in Bonn ermittelt in der Affäre derzeit gegen acht Beschuldigte. Darunter sind Ex-Vorstandschef Ricke, Ex-Telekom-Aufsichtsratschef Zumwinkel, drei Mitarbeiter der Konzernsicherheit, zwei T-Mobile-Beschäftigte sowie ein externer Dienstleister, der die Daten ausgewertet haben soll. (nz/dpa)

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