Subventionen jetzt auf dem Prüfstand

Der Fall Nokia lässt das gesamte System wackeln: Nach dem Abzug des Handyherstellers aus Deutschland stellen immer mehr Politiker die Subventionspolitik der EU-Staaten in Frage.
von  Abendzeitung
Baustelle des Nokia-Werkes in Rumänien
Baustelle des Nokia-Werkes in Rumänien © dpa

Der Fall Nokia lässt das gesamte System wackeln: Nach dem Abzug des Handyherstellers aus Deutschland stellen immer mehr Politiker die Subventionspolitik der EU-Staaten in Frage.

BERLIN Am Wochenende sprach sich Günter Verheugen, europäischer Kommissar für Unternehmen und Industrie, dafür aus, die Zuschüsse an private Firmen ganz abzuschaffen. "Ich denke, es hat keinen Sinn, dass der Staat Subventionen zahlt, um Unternehmen anzulocken", sagte Verheugen der Wams. Investitionen, die sich nur rechneten, wenn mit Steuergeldern nachgeholfen werde, seien immer ein Risiko, so Verheugen.

Im Zusammenhang mit dem Fall Nokia hatten sich schon zuvor mehrere Politiker und Experten kritisch zu den Staatshilfen für die Firmen geäußert. Hintergrund ist das so genannte "Subventionshopping", das viele Unternehmen innerhalb der EU betreiben.
Die Masche: Die Firmen ziehen dahin, wo sie für ihre Investitionen die meisten Zuschüsse einstreichen können. Ist die Subventions-Kuh gemolken, hüpfen (englisch: hopping) sie an einen anderen Standort. So streichen sie jährlich Milliarden ein. Schon länger jedoch versucht die EU, dem einen Riegel vorzuschieben. Die Staaten müssen seit 2007 melden, an wen wieviel Geld fließt.

Die Masche mit dem "Subventionshopping"

Dennoch plädieren auch viele Ökonomen für eine drastische Kürzung der Staatgelder. Allen voran das Kieler Institut für Weltwirtschaft. Dessen Subventionsexperte Alfred Boss will die Staatszuschüsse in von fünf bis zehn Jahren komplett abschaffen. Grund: Sie seien "verlorenes Geld", da sie Arbeitsplätze nicht dauerhaft sichern.

Brüssel muss für Bochum in die Tasche greifen

Der Fall Nokia bestätigt das: Das Unternehmen hat von Bund, Ländern und Stadt rund 88 Millionen Euro an Subventionen erhalten. Wieviel davon aus EU-Mitteln stammt, ist unklar. Meist kommt ein guter Teil solcher Gelder aus europäischen Töpfen.
Nun wird die EU erneut für Bochum in die Tasche greifen müssen. Allerdings mit umgekehrten Vorzeichen: Kommissionspräsident José Manuel Barroso stellt den 2860 Beschäftigten des Bochumer Werks Mittel aus dem Sozialfonds der EU in Aussicht. Das Geld soll die Folgen der Entlassungen lindern. Hoffentlich schnell: Die ersten Mitarbeiter haben die Kündigung bereits.

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