Stress: Immer mehr dopen sich bei der Arbeit

2012 gab es 2,42 Millionen Fehltage, weil Arbeitnehmer suchtkrank sind. Alkohol ist das größte Problem, aber immer mehr greifen auch zu Doping-Mitteln.
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Wenn am Arbeitsplatz die Belastung zu groß wird, greifen immer mehr Menschen zu leistungssteigernden Mitteln wie Psychopharmaka und Amphetaminen.
dpa Wenn am Arbeitsplatz die Belastung zu groß wird, greifen immer mehr Menschen zu leistungssteigernden Mitteln wie Psychopharmaka und Amphetaminen.

 

2012 gab es 2,42 Millionen Fehltage, weil Arbeitnehmer suchtkrank sind. Alkohol ist das größte Problem, aber immer mehr greifen auch zu Doping-Mitteln.

München - Alkohol, Tabletten, Nikotin, Gehirn-Doping: Immer öfter fehlen Arbeitnehmer am Arbeitsplatz, weil sie suchtkrank sind. 2,42 Millionen Fehltage gab es wegen Suchterkrankungen im vergangenen Jahr. Vor zehn Jahren waren es noch 17 Prozent weniger. Allein die Kosten von Alkohol- und Tabaksucht belasten die deutsche Wirtschaft jährlich mit etwa 60,25 Milliarden Euro. Diese Zahlen stehen im „Fehlzeiten-Report 2013“, den die AOK gestern vorstellte. Auffällig: Immer mehr Menschen greifen am Arbeitsplatz zu leistungssteigernden Mitteln wie Amphetaminen und Psychopharmaka.

Immerhin fünf Prozent der Arbeitnehmer haben in den letzten zwölf Monaten Mittel zur Leistungssteigerung eingenommen – „um berufliche Stresssituationen zu bewältigen“, so Helmut Schröder vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO). Bei den Unter-30-Jährigen war es sogar jeder Zwölfte. Schröder glaubt aber, dass die Dunkelziffer viel höher liegt. Denn mehrere Studien hätten bereits gezeigt, dass viele Menschen sich bei Arbeitsstress dopen.

Die Gründe sind vielfältig: immer mehr Arbeit in immer weniger Zeit, Konkurrenzkampf, der Druck, ständig erreichbar sein zu müssen, Überforderung. Letzter Ausweg ist immer häufiger der Griff zu Doping-Mitteln. Zudem kommen immer mehr junge Menschen in den Arbeitsmarkt, die schon mit Tabletten gegen Schulstress angekämpft haben und das auch am Arbeitsplatz machen. Vor allem von Jüngeren würden aber die psychischen Folgeschäden oft unterschätzt, so Schröder.

AOK-Geschäftsführer Uwe Deh bereitet das Sorgen. „Obwohl in den vergangenen Jahren eine ganze Menge unternommen worden ist, können wir bei den Suchterkrankungen keine Entwarnung geben.“ Deh bemängelt, dass es zu dem Thema in Deutschland fast nur Grundlagenforschung gebe. Viel wichtiger sei es zu verstehen, welche Präventionsprogramme tatsächlich Wirkung zeigten. Dass noch eine Menge zu tun ist, zeigen auch die Zahlen beim Alkohol. Der ist immer noch die Nummer eins unter den Suchtmitteln.

Insgesamt 5,3 Prozent der befragten Arbeitnehmer gaben an, täglich zu trinken. Der Anteil der Männer liegt mit 8,9 Prozent fast viereinhalbmal über dem der Frauen (2 Prozent). Auffällig ist, dass mit steigendem Bildungsstand auch der Alkoholkonsum zunimmt – entgegen dem Klischee, dass besonders viele einfache Arbeiter trinken. Beim Nikotin ist es genau andersrum. Beschäftigte mit einem vergleichsweise hohen Bildungsstand rauchen weniger. Weil sie vermutlich besser über die Gefahren durch Rauchen informiert sind, mutmaßt Schröder. 32,8 Prozent der Befragten erklärten, regelmäßig zu rauchen.

Die Fehltage von Süchtigen summieren sich: Sie ruinieren ihre Gesundheit, sind oft krank. Dazu kommen Entwöhnungs-Therapien, die durchschnittlich 88 Tage dauern. 8500 gingen 2012 wegen einer Suchterkrankung vorzeitig in Rente.

Hat ein Arbeitnehmer ein Suchtproblem, dann sollten Kollegen nicht wegsehen, rät Peter Reiser von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. „Es nicht anzusprechen, wird nichts verbessern.“ Dabei sei es wichtig, ob man Freund oder nur Kollege sei. Als Freund solle man Therapiemöglichkeiten vorschlagen, meint der Experte. Sieht man sich als Kollege, sollte man auf Probleme in der Zusammenarbeit hinweisen. Und den Chef informieren.

 

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