Steueroasen wollen sich selbst austrocknen
Nach Liechtenstein: Das Bankgeheimnis wird in der Schweiz, Österreich und Luxemburg gelockert.
Soviel Ehrlichkeit war nie: In einer offensichtlich abgesprochenen Aktion haben sich die Regierungen der wichtigsten europäischen Steueroasen dazu bereit erklärt, ihr Bankgeheimnis weitgehend preiszugeben. Steuerunehrliche Bürger, die Millionen im Ausland gebunkert haben, müssen um ihr Geld fürchten.
Dieter Ondracek, Chef der Steuergewerkschaft, wollte die Nachricht am Freitag noch gar nicht richtig glauben. „Wenn’s tatsächlich so ist, dass die Staaten kooperieren, wäre das sehr gut“, sagte er der AZ. „Die Deutschen haben geschätzte 800 Milliarden Euro im Ausland“, so Ondracek. „Da sind viele legale Konten dabei, aber eben nicht nur legale Konten.“ Ob die Finanzverwaltung Steuerhinterzieher künftig dingfest machen kann, müsse sich noch zeigen: „Der Praxistest wird sein, welche Anforderungen die Staaten stellen, bevor sie Anfragen aus Deutschland bearbeiten.“
Liechtenstein, Andorra, die Schweiz, Luxemburg und Österreich hatten zuvor erklärt, künftig beim Verdacht auf Steuerhinterziehung leichter Informationen über Konten ausländischer Bürger herauszurücken. Bisher konnten deutsche Steuerfahnder beispielsweise in Österreich nur dann Einblick auf die Konten verlangen, wenn schon ein Steuerstrafverfahren lief.
Der Grund für die Zugeständnisse der Länder war vermutlich, dass Vertreter der OECD eine schwarze Liste von Steueroasen vorbereitet hatten, die sie auf dem G20-Gipfel Anfang April präsentieren wollten. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat regierungsintern schonmal ein „Gesetz zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken und der Steuerhinterziehung" absegnen lassen. Das geplante Regelwerk hat es in sich: Es verpflichtet die Bürger, ihre Konto-Verbindungen in Steueroasen offenzulegen. Gewähren sie dann keinen Einblick auf die ausländischen Konten, werden ihre Einkünfte kurzerhand vom Fiskus geschätzt und besteuert.
Wie empfindlich solch ein Vorgehen die Finanzbranche im jeweiligen Land treffen kann, zeigt das Beispiel UBS: Nachdem US-Präsident Obama angekündigt hatte, rigoros gegen Steuerhinterziehung vorzugehen, wurde die Schweizer Bank gezwungen, 300 Kundendaten an die US-Steuerbehörden weiterzugeben. Außerdem musste sie 780 Millionen Dollar an den US-Fiskus zahlen.
sun
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