Interview

"Steuerfabi" klärt auf: Wann sich ein Steuerberater lohnt

Rückerstattung, Grundfreibetrag – wer da schon raus ist, sollte sich Rat holen. Tiktoker "Steuerfabi" leistet in einem Buch Erste Hilfe.
Martina Scheffler
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Wer soll sich da noch auskennen? Sollte ich eine Steuererklärung machen - oder lieber doch nicht? Im Dschungel deutscher Bürokratie verliert mancher den Überblick.
Wer soll sich da noch auskennen? Sollte ich eine Steuererklärung machen - oder lieber doch nicht? Im Dschungel deutscher Bürokratie verliert mancher den Überblick. © imago stock&people

AZ-Interview mit Fabian Walter: Walter, Jahrgang 1989, studierte BWL und arbeitete in einer Steuerkanzlei. Auf Instagram und bei Tiktok erklärt er als "Steuerfabi" etwa einer Million Followern die geheimnisvolle Welt der Steuern.

AZ: Herr Walter, warum brauchen die Deutschen so ein Handbuch wie Ihres?
FABIAN WALTER: Es ist unfassbar wichtig, dass man mit einer geringen Komplexität erzählt, um das Steuerrecht so zu vermitteln, dass es jeder Mann und jede Frau versteht. Es ist sinnvoll, dass man Grundlagenwissen hat. Ich habe versucht, das so einfach wie nur irgendwie möglich zu erklären. Es ist aber nicht alles umfassend abgehandelt, das ist bei der schieren Masse an Gesetzen, Richtlinien und Erlassen gar nicht möglich.

Steuer-Fabi: Ein Buch zum Steuer-machen

Das heißt, das Buch richtet sich an Menschen, die wirklich kaum Vorwissen haben?
Es richtet sich an Leute, die bisher wenig mitbekommen haben. Es werden die Grundlagen behandelt, denn ich habe an den Fragen auf Social Media gemerkt, dass die zum Teil wirklich fehlen. Gegen Ende des Buches aber gibt es Steuertipps, die sehr speziell sind.

Fabian Walter
Fabian Walter © Fabian Walter

Wenn man das Buch gelesen hat, was sollte man können?
Viele verstehen nicht einmal, was "von der Steuer absetzen" bedeutet. Mein Ansinnen ist, dass jeder zumindest das Wichtigste verstanden hat.

Im besten Fall kann man finanziell etwas für sich rausholen?
Ich bekomme oft die Frage: "Darf ich als Arbeitnehmer eine Steuererklärung machen?" Das weiß eben nicht jeder, und viele denken auch, das lohnt sich für sie gar nicht. Für viele lohnt sie sich aber tatsächlich. Die durchschnittliche Rückerstattung liegt bei über 1.000 Euro.

"Steuer ist oft Auslegungssache"

Ist das deutsche Steuerrecht besonders kompliziert?
Viele sagen, es ist das komplizierteste der Welt. Und zwar deshalb, weil es nicht nur Gesetze gibt, sondern Richtlinien, die erlassen werden, oder Urteile des Bundesfinanzhofs. Es gibt sehr viele Ausnahmeregelungen und dann noch Ausnahmeregelungen von den Ausnahmeregelungen.

Manche Dinge sind gar nicht fix geregelt, sondern Auslegungssache. Wer ein Unternehmen hat, streitet häufiger mal mit dem Betriebsprüfer und muss vielleicht sogar vor den Bundesfinanzhof. Der gibt nicht selten dem Steuerpflichtigen recht. Oft sind auch die Finanzämter nicht sicher.

Was macht das Steuerwesen dann so faszinierend für Sie?
Mein Vater ist Steuerberater, ich habe das von Kindesbeinen an mitbekommen. Ich habe dann BWL studiert und in der Bank gearbeitet und bei Beratungsgesprächen gemerkt, dass das sehr interessant ist. Danach habe ich noch ein Masterstudium im Steuerrecht gemacht. Je mehr ich mich da reinvertieft habe, desto interessanter wurde es.

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Was ist das größte Steuergeheimnis?
Dass man eine Steuererklärung machen kann und manchmal auch sollte, auch wenn man keine Lohnsteuer gezahlt hat. Mitunter kann ich einen sehr hohen Steuerbetrag zurückholen. Wer etwa in der Ausbildung ist oder noch gar keine Einkünfte hat, muss bis zum Grundfreibetrag von derzeit 10.347 Euro keine Steuern zahlen. Wer für 100 Euro eine Aktie kauft und sie für 10.000 Euro verkauft, muss normalerweise Kapitalertragssteuer von 25 Prozent plus Soli zahlen. Da kann man mit einem Haken in der Steuererklärung in der Anlage KAP die Günstigerprüfung beantragen und muss keine Steuern zahlen.

Wie viele Menschen in Deutschland geben keine Steuererklärung ab?
Das liegt im Millionenbereich.

Millionen Deutsche machen keine Steuererklärung

Und wie viele machen eine, obwohl sie es nicht müssten?
2018 waren es von 26,3 Millionen, die nur Einkünfte aus nicht-selbstständiger Tätigkeit hatten, insgesamt 14,3 Millionen, die sich freiwillig veranlagen ließen. Und davon erhielten 12,6 Millionen im Durchschnitt 1.072 Euro erstattet.

Sie erwähnen Bundesfinanzminister Christian Lindner, der Ihnen gesagt hat, mit einer radikalen Vereinfachung des Steuersystems werde es nichts. Hat er das begründet?
Er sagte, dass viele Parteien mitsprechen und dass er nicht daran glaubt, dass es eine umfassende Steuererklärung auf dem Bierdeckel geben wird. Möglich seien aber Automatisierung und Pauschalierung.

"Die zahlreichen Steuerapps sind mittlerweile sehr gut"

Welche Steuer könnte man denn vereinfachen?
Wenn man sich den Steuerkuchen anschaut, sieht man Steuern, die in der Verwaltung sehr teuer sind. Da kann man überlegen, ob man die nicht vereinfachen oder reformieren kann oder sogar abschaffen. Die Kaffeesteuer etwa bringt eine Milliarde Euro - von insgesamt über 800 Milliarden. Da könnte man fragen, ob diese Steuer nicht überproportional viel Verwaltungsaufwand kostet.

Wie viel darf eigentlich ein Steuerberater kosten? Braucht man überhaupt einen?
Bei Einkünften nur aus nicht-selbstständiger Arbeit und ohne weitere Besonderheiten, vielleicht ein paar Arbeitsmittel, die ich absetze, ein paar Kilometer, die ich zur Arbeit fahre - das kann ich über elster.de machen, das offizielle Portal, oder über eine der zahlreichen Steuerapps, die sind mittlerweile sehr gut. Anders ist es, wenn man eine Kapitalgesellschaft, eine GmbH betreibt oder mehrere Immobilien vermietet. Da kann es sinnvoll sein, einen Steuerberater einzuschalten. Wie viel er kosten darf, regelt die Steuerberatervergütungsverordnung. Die Gebühr ist aber relativ flexibel. Das richtet sich auch nach Art und Höhe der Einkünfte. Man kann aber ruhig andere Angebote zum Vergleich einholen.

Was ist absetzbar, was nicht?

Ein Punkt in Ihrem Buch sind "unangemessene Teile eines Firmenwagens", die sich nicht absetzen lassen. Da denkt man an Ex-RBB-Intendantin Patricia Schlesinger und ihre Massagesitze. Sind die bei der Steuer nicht absetzbar?
Massagesitze sind nicht gleich unangemessen. Das hängt sehr vom Einzelfall ab. Viele denken, es komme nur auf den Umsatz eines Unternehmers an, aber es geht auch darum, ob diese Luxuskarosse neue Chancen bei der Kundengewinnung eröffnet. Aber je teurer und je ausgefallener das Auto und die Ausstattung, desto größer ist das Risiko, dass ich nicht alles von der Steuer absetzen darf.

Lädt unser Steuersystem unehrliche Unternehmer vielleicht auch ein wenig ein durch die Art, wie es angelegt ist?
Das würde ich so nicht sagen. Aber vieles ist nicht explizit geregelt im Steuerrecht. Nehmen Sie Paragraf 4 Absatz 4 Einkommensteuergesetz. Da heißt es: Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Das ist also Auslegungssache. Betriebsprüfer kommen oft erst nach vier Jahren oder noch später und prüfen rückwirkend, da kann viel schon geschehen sein. Aber das System lädt nicht unbedingt zum Betrug ein. Denn es ist klar: Wer erwischt wird, gerade bei besonders schweren Fällen, ist bei Hinterziehung im Millionenbereich schnell bei einer Haftstrafe.

Fabian Walter: "Sei doch nicht besteuert. Mit Steuerfabi die Welt der Steuern verstehen und richtig Geld sparen". Edition Michael Fischer, 224 Seiten, 14 Euro.

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