Staat übernimmt Fannie und Freddie

Würden die beiden amerikanischen Baufinanzierer zusammenbrechen, hätte das erhebliche Folgen - nicht nur in den USA. Deshalb rang sich die Regierung zur wahrscheinlich teuersten staatlichen Sanierungsmaßnahme überhaupt durch.
Die US-Regierung wird die Kontrolle über die Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac übernehmen, deren Existenz wegen der Immobilienkrise als gefährdet galt. «Es ist notwendig, dass wir handeln», betonte US-Finanzminister Henry Paulson am Sonntag in Washington. Ohne eine Bereinigung auf dem krisengeschüttelten Immobilienmarkt «können sich unsere Wirtschaft und unsere Märkte nicht erholen». Für eine Wende komme den Unternehmen Fannie Mae and Freddie Mac eine überragende Bedeutung zu, sagte Paulson.
Die US-Regierung will mit ihrer einmaligen Rettungsaktion die schwer angeschlagenen Hypothekenbanken retten und eine bedrohliche Krise des US-Finanzmarktes vermeiden. In den vergangenen Monaten hatte eine Rekordzahl von Hausbesitzern ihre Hypothekenzinsen nicht mehr bezahlen können. Die Hauspreise brachen an vielen Orten zusammen, zahlreiche Häuser mussten zwangsverkauft werden. Banken mussten aufgeben. Die beiden bisherigen Unternehmenschefs Daniel Mudd und Richard Syron werden ihre Posten verlieren. Zwei vom Staat eingesetzte Verwalter sollen die Leitung der Immobilien-Giganten übernehmen und mit Milliarden aus dem Staatshaushalt für eine Stabilisierung sorgen. Die Hypotheken-Banken gehören aber weiterhin den alten Aktionären und nicht dem Staat.
«Faktisch bedeutet das eine staatliche Übernahme»
Die Intervention wird vermutlich die teuerste staatliche Sanierungsmaßnahme für den Privatsektor in der US-Geschichte, meinte der Wirtschaftsexperte Lawrence White in der «New York Times». «Faktisch bedeutet das eine staatliche Übernahme der Immobilien-Giganten», kommentierte das «Wall Street Journal» den staatlichen Eingriff. Fannie Mae und der kleinere Finanzierer Freddie Mac stehen mit einem Volumen von mehr als 3,4 Billionen Euro hinter jedem zweiten US-Hauskredit. Beide Unternehmen haben in der Vergangenheit zahlreiche Immobilienkredite kleiner regionaler Banken, die in Finanzierungsnöte geraten waren, aufgekauft.
Kollaps verhindert
Eine Zahlungsunfähigkeit der beiden Unternehmen hätte nach Einschätzung von US-Analysten einen Kollaps des US-Immobilienmarkts mit sich bringen können, was erhebliche Folgen für die Wirtschaft in den USA und der ganzen Welt haben könnte. Bereis im Juli hatte der US-Senat ein Gesetzespaket verabschiedet, das Milliardenkredite für die Hypothekenbanken und die in Finanzierungsnöte geratenen Hausbesitzer vorsieht. «Ich unterstütze entschieden die Entscheidung, ... Fannie Mae and Freddie Mac unter Vormundschaft zu stellen sowie die Maßnahmen von Minister Paulson, um die Kreditwürdigkeit der beiden Firmen zu garantieren», meinte US-Zentralbank-Chef Ben Bernanke. «Die notwendigen Maßnahmen werden den US-Immobilienmarkt stärken und die Finanzmärkte stabilisieren», heißt es in einer am Sonntag veröffentlichten Stellungnahme. Paulson habe sich auch zur staatlichen Intervention entschlossen, weil bei Überprüfungen der Verdacht aufgekommen war, die krisengeschüttelten Hypothekenbanken hätten mit buchhalterischen Tricks die Kapitallage geschönt, berichtete die Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg.
Zustimmung aus der Politik
Republikaner wie Demokraten signalisierten Zustimmung zu den Regierungsplänen. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Barack Obama meinte, angesichts der «extrem ernsten Lage» auf dem Immobilienmarkt sei die staatliche Übernahme sinnvoll. Allerdings müsse sichergestellt werden, dass «der Steuerzahler geschützt wird und nicht Aktienbesitzer und Manager saniert werden». Die republikanische Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin kritisierte, dass die Unternehmen «zu groß und zu teuer für die Steuerzahler» geworden seien. Notwendig seien strukturelle Änderungen und die Verkleinerung der Immobiliengiganten. Aktionäre der beiden Hypothekenbanken befürchten, dass ihre Papiere durch einen staatlichen Aufkauf praktisch wertlos werden könnten. Der Börsenwert der Gesellschaften ist seit dem verschärften Ausbruch der Kreditkrise vor rund einem Jahr bereits um jeweils mehr als 90 Prozent gefallen. Am Freitag verloren die Aktien im nachbörslichen Handel noch einmal um über 20 Prozent. (dpa)