Sprit-Preis-Explosion

Was steckt hinter der Rekordjagd an der Zapfsäule? Super und Diesel steigt und steigt – nur 2,3 Cent fehlen noch zum Allzeit-Rekord.
Matthias Maus |
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Der Trend ist ungebrochen. Der Spritpreis steigt und steigt – seit Wochen. Nach ADAC-Berechnungen liegt der Super-Preis bundesweit im Schnitt bei 1,562 Euro. Das sind 4,1 Cent mehr als in der Vorwoche. Bei Diesel liegt das Plus bei 1,6 Prozent, der Liter kostet 1,45Euro im Schnitt. „Benzin und Diesel sind viel zu teuer”, sagt Martin Richter vom Vergleichsportal Benzinpreis.de: „In den letzten sechs Wochen sind die Preise um 5,5 Cent gestiegen.” Das Niveau sei „viel zu hoch”.

Wer dreht da am Rad, wer kassiert? Sind die Produzenten schuld, die Opec? Ist die Krise in Nordafrika verantwortlich? Oder die Multis und die Spekulanten? Wie profitiert die Politik? Und welche Rolle spielen die Verbraucher? Die AZ gibt Auskunft.

 


 

Die Produzenten

Opec: Fördern gegen die Krise
Die Krise in Nordafrika wirkt sich auf die Ölförderung aus. Libyen sorgte mit 1,6 Millionen Barrel (159 Liter) am Tag für rund zwei Prozent der weltweiten Ölförderung. Seit Mitte Februar, seit die Ölhäfen Brega und Ras Lanuf umkämpft sind, fällt dieses Öl aus. „An eine Wiederaufnahme der Förderung ist vorerst nicht zu denken“, so Rohstoff-Analysten der Commerzbank. Doch das Opec-Kartell bemüht sich, Lieferengpässe auszugleichen. Saudi-Arabien erhöhte seine Förderquote von acht auf neun Millionen Barrel täglich. „Wir beobachten den Markt und sind bereit, auf Entwicklungen zu reagieren“, heißt es bei der Opec: „Marktstabilität“ müsse sichergestellt werden. Seit Ausbruch der Libyenkrise ist die Tagesfördermenge sogar gestiegen. Angola, die Arabischen Emirate, Iran oder Venezuela profitieren von einem Rohölpreis um 120 Dollar pro Barrel: Das freut die Erzeuger, aber an einem Abwürgen der Konjunktur in den Importländern ist ihnen auch nicht gelegen.

 


 

Multis und Spekulanten

Phantasie füllt die Kassen
Gemacht werden die aktuellen Ölpreise von 120 Dollar pro Barrel und darüber an den Rohstoffmärkten in London oder Rotterdam. Bessere Konjunktur in den USA, Krise in Nordafrika, Lieferschwierigkeiten in Nigeria – das beflügelt die Phantasie der Spekulanten, dass die Nachfrage steigen wird. Das treibt die Preise für den wichtigsten Rohstoff der Weltwirtschaft auf ein 30-Monats-Hoch: „Und die Mineralölfirmen versuchen mit immer neuen Strategien, den hohen Preis weiterzugeben“, sagt Martin Winter von „Benzinpreis.de“. Das Motto „immer noch ein bisschen“ funktioniere, weil niemand aus der Front ausschert. Die Strategie, die Preise an den Zapfsäulen vier Mal am Tag zu ändern, sei mittlerweile wieder überholt. Auch auf die Annahmet, am Freitag ist’s teurer, am Sonntag Abend billiger, könne man sich nicht mehr verlassen, sagt Winter. „Nicht immer logisch“ nennt auch Maximilian Maurer vom ADAC die Preise an den Zapfsäule. „Eine Mischung aus Angebot und Nachfrage und Psychologie“ sorge für den Aufwärtstrend. Dazu komme „die Verunsicherung durch die E10-Diskussion“, sagt Maurer. „Die Autofahrer geben zehn Cent mehr aus, obwohl sie nicht müssten“, sagt der ADAC-Sprecher. „Sie verhalten sich nicht preisbewusst.“

 


 

Der Fiskus

Vater Staat genießt und schweigt
Der Steueranteil am Liter Super E10 liegt beim derzeitigen Durchschnittspreis bei 65,4 Cent. Das sind Mineralölsteuer und Ökosteuer. Dieser Anteil ist fix.
Variabel ist allerdings die Mehrwertsteuer. Die kommt auf Kosten, Gewinn und Mineralöl-Steuer noch drauf. Je höher also der Benzinpreis, desto mehr Geld fließt in die Kassen der Finanzminister in Bund und Ländern.

 

 


Mehr E10 tanken und vergleichen

Die Kunden können sich wehren, aber sie tun es zu wenig“, sagt Maximilian Maurer vom ADAC. Konkret kritisiert der Fachmann vom Autoklub das Verhalten beim Dauer-Thema E10: „Wenn die Menschen zehn Cent mehr ausgeben als nötig, dann ist das nicht preisbewusst.“ Nur 40 Prozent der Kunden tankten das günstigere E 10 Super, das zehn Prozent Bio-Ethanol enthält. „Es sollten endlich alle tanken, die das können.“ Es gebe derzeit eine „blöde Mischung“, die zu höheren Preise beitragen, so Maurer. Da sei einmal die Nervosität und die Spekulation an den Rohstoffmärkten. Dann die verunsicherten Autofahrer. Und drittens habe sich die Mineralölindustrie mit dem E10 „verkalkuliert“ . „Dafür werden wir als Kunden zahlen“, sagt Martin Winter vom Vergleichsportal „Benzinpreis.de“. Uneins sind sich die Fachleute über das richtige Verhalten zu E 10. „Solange die Hersteller nicht in ihre Betriebanleitungen schreiben, dass ihr Auto E 10 verträgt, bin ich misstrauisch“, sagt Winter. ADAC-Mann Maurer „wartet auf den ersten Fall, wo E10 ein Auto kaputt gemacht hat“: ADAC-Techniker prüften dauernd, hätten aber noch keinen einzigen nachprüfbaren Fall gehabt. Es gebe nur 1000 Gerüchte. Auch Winter rät dem Kunden zu ständiger Aufmerksamkeit beim Tanken: „Wir raten von Umwegen zur billigsten Tankstelle ab“, sagt er, „das lohnt sich nicht. Aber über den Zeitpunkt, wann man tankt, kann man erfahrungsgemäß sparen“, sagt er. „Morgens ist es erfahrungsgemäß billiger, nach dem Wochenende – und nach den Ferien.“ Man kann sparen – „bis zu vier Cent je Liter“, sagt er.

 

 

 

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