Spione wie wir
Spione und Journalisten haben eine Menge an Gemeinsamkeiten. Wen also soll es jucken, wenn diese Randgruppen miteinander in Konflikt geraten? Frank Müller über den Bundesnachrichtendienst und bespitzelte Journalisten.
In der öffentlichen Wahrnehmung haben Spione und Journalisten in etwa dasselbe Ansehen: Schlecht angezogene Leute mit ebensolchen Manieren wühlen im Dreck und nehmen sich wichtig. Wen also soll es jucken, wenn diese beiden Randgruppen wieder einmal miteinander in Konflikt geraten? Der BND überwachte Journalisten, die wiederum ziehen bei der Gegenwehr alle Register, na und?
Man könnte nun das hohe Lied der Pressefreiheit anstimmen und mit Verve den Rücktritt von BND-Präsident Ernst Uhrlau verlangen – mit einigem Recht. Doch Journalisten und Spione haben noch mehr Gemeinsamkeiten: Sie sind hart im Nehmen. Sie glauben sowieso niemandem etwas. Und sie arbeiten in Organisationen, in denen chaotische Abläufe kein Systemfehler sind. Sondern eine Grundeigenschaft.
Das entschuldigt nicht die merkwürdigen Vorgänge im Bundesnachrichtendienst, aber es relativiert die Empörung über sie, die etwas Scheinheiliges hat. In Wahrheit wundert es nämlich keinen Journalisten, wenn er vom BND überwacht wird. In Wahrheit wundert sich auch kein BND-Mann, wenn er geheime Akten aus dem eigenen Büro plötzlich in der Zeitung zitiert sieht. Er weiß ja, wie das Geschäft läuft.
Nur: Professionell sollte man halt arbeiten, sich nicht ertappen lassen und keine dummen Fehler begehen.Wenn der Eindruck nicht täuscht, gibt es zumindest da doch ein paar Unterschiede zwischen uns Journalisten und den Spionen.
Frank Müller
Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der Abendzeitung
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