Sonntags-Einkauf - Muss das sein?
Einkaufen am Sonntag - muss das sein? Die AZ-Redakteure Georg Thanscheidt und Michael Heinrich über die Sonntagsruhe und die Ladenöffnungszeiten.
PRO Die schlechte Nachricht: Das Bundesverfassungsgericht hat die Sonntagsöffnung an Adventssonntagen untersagt. Die gute Nachricht: Gegen die Laden-Öffnung an zehn Sonntagen ist – zumindest in Berlin – nichts einzuwenden. Das lässt uns Münchner hoffen. Denn das Argument der Richter, dem „ökonomischen Nutzdenken eine Grenze“ zu setzen, zielt ins Leere. Und das weiß jeder, der je an einem
Fast fünf Millionen Menschen arbeiten in Deutschland am Sonntag. Wer dies unchristlich findet, schwebt offensichtlich in himmlischen Sphären. Niemand sollte gezwungen werden, am Sonntag zu arbeiten. Es wird auch sicher niemand gezwungen, am Feiertag einzukaufen. Aber Arbeitswelt und -zeiten haben sich für viele werktags so stark geändert, dass dies zumindest möglich sein sollte.
KONTRA Die Läden haben jeden Tag zehn, zwölf oder mehr Stunden geöffnet. Immer mehr Einkäufe werden rund um die Uhr (auch sonntags!) über Internet oder Callcenter erledigt. Das muss doch auch in Zeiten des Massenkonsums genug sein – eine weitere Steigerung der Lebensqualität ist also nicht notwendig. Außerdem können sich die Sonntagsöffnung nur die Ketten und Kaufhäuser leisten, die genügend Personal haben. Der kleine Ladenbesitzer ginge (wieder einmal) leer aus, der Verdrängungswettbewerb würde verschärft. Und es gibt auch noch ein anderes, ein ethisches Argument.
Der Wechsel von Arbeitstagen und einem Ruhetag ist in unserer hastigen Zeit eine wertvolle Lebensorientierung, ist zu einem Bestandteil unserer Sozialkultur geworden. Die Menschen sollen am Sonntag etwas gemeinsam tun können, mit ihren Familien, mit ihren Freunden. Sonntagsöffnungen würden vor allem – aber nicht nur – Verkäuferinnen und Verkäufer von dieser Errungenschaft ausschließen.
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