Sie macht den Kohl

Die Politik des Aussitzens ist schon einmal gescheitert. AZ-Chefreporter Matthias Maus über Angela Merkels Tun und Lassen.
von  Abendzeitung
Matthias Maus, Chefreporter der AZ.
Matthias Maus, Chefreporter der AZ. © Ronald Zimmermann

Die Politik des Aussitzens ist schon einmal gescheitert. AZ-Chefreporter Matthias Maus über Bundeskanzlerin Angela Merkel Tun und Lassen.

Am Montag, zum Auftakt des „Internationalen Jahres der Artenvielfalt“ wird Bundeskanzlerin Angela Merkel wieder da sein. Der Vorwurf, sie verstecke sich, greift also zu kurz. Fragt sich nur, ob Präsenz bei einer Feierstunde zu Ehren des Eisvogels die richtige Reaktion auf die aktuelle Situation darstellt. Und es fragt sich, wann ihre provozierende Tatenlosigkeit, ihr bloßes Zuhören beim kakophonen Koalitions-Chor zu ihrer ersten Regierungskrise wird.

Merkel hat genau hingeschaut bei ihrem Vorvorgänger. Was Kohl über 16 Jahre half, soll nun auch bei ihr funktionieren. Mit einer selbstbewussten FDP und einer aggressiven CSU findet Bundeskanzlerin Angela Merkel dabei eine ähnliche Versuchsanordnung vor. Alle suchen Profil, aber das Regierungsschiff hält Kurs: „Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter“, sagte Kohl dazu.

Nur läuft das heute nicht mehr so. Hätte Kohl mit einem paar Telefonaten die Aufständischen übers Wochenende zurechtgestutzt, so lässt Merkel den Liberalen und der CSU jede Narretei (Stichwort Steuersenkung, Stichwort Hotel-Subventionen) durchgehen. Merkel laviert, sie sitzt aus, sie beschädigt so Ruf und Glaubwürdigkeit der Regierung.

Politische Führung kommt nicht ohne Entscheidung aus. Bei Steuern, Bildung, Afghanistan braucht es einen Kurs. Nichts davon regelt sich von selbst, nichts lässt sich totschweigen. Und das ist übrigens die wichtigste Lektion aus der Politik des Aussitzens. Weil er die Problem nicht mehr erkannt und nicht angepackt hat, ist Kohl abgewählt worden. Das kann sich wiederholen, nicht erst nach 16 Jahren.

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