Schutz für Schafkopfer

"Ein Spiel, das viel besser als sein Ruf ist": Georg Thanscheidt, stellvertretender Chefredakteur der AZ, über das Kult-Kartenspiel.
von  Abendzeitung

"Ein Spiel, das viel besser als sein Ruf ist": Georg Thanscheidt, stellvertretender Chefredakteur der AZ, über das Kult-Kartenspiel.

Wer kartelt, ballert nicht. Es ist zwar nicht so, dass Schafkopfen komplett aggressionsfrei gespielt werden kann. Aber wenn jemand sich regelmäßig mit drei anderen Menschen zum Karten spielen trifft, ist die Gefahr gebannt, dass er vor dem heimischen Computer in anonyme Mordfantasien versinkt.

Deswegen ist es gut und vorbildlich, dass nun an einer fränkischen Grundschule Schafkopfen auf dem Stundenplan steht und auch Münchner Schulen dem bayerischsten aller Kartenspiele Platz in der Unterrichtsgestaltung einräumen. Fehlt übrigens nur noch, dass auch Münchens Wirte, denen die Schafkopfer oft ein Dorn im Auge sind, nachziehen und in ihren Gaststätten das Karteln erlauben.

Denn sogar das einfachste Rufspiel ist besser als sein Ruf: Das Schafkopfen trainiert – wie Pädagogen jetzt erkannt, wir aber schon immer geahnt haben – nicht nur das Gedächtnis, das logische Denken und das Kopfrechenvermögen, sondern bei Heranwachsenden auch die motorischen Fähigkeiten. Schade zwar, dass das später nur zum aufreizenden Hinblättern der Trümpfe und gleichzeitigen Zuprosten genutzt wird – aber gelernt ist nun mal gelernt.

Im Schafkopfen ist alles vereint, was Bayern ausmacht: Die Vielfalt – Bettel, Geier, Farbwenz – in der Einzigartigkeit, die sich im bayerischen Blatt widerspiegelt. Der Grant in seiner grundlegenden Friedfertigkeit. Und die Möglichkeit, dass am Ende des Spiels sich eigentlich alle im Recht fühlen – egal ob sie verloren oder gewonnen haben. Das ist im höchsten Maße förderungswürdig und schützenswert.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.