Schuldenkrise: Subventionen helfen nicht gegen Jugendarbeitslosigkeit, sagen Experten

Experten sind skeptisch, was die Milliarden aus Brüssel angeht
Susanne Stephan |
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BERLIN Ein Sofortprogramm über sechs Milliarden aus Brüssel, weiteres Geld bei Bedarf und natürlich viele kluge Worte. Gegen die Jugendarbeitslosigkeit wird zurzeit viel getan und noch mehr wird angekündigt. Gestern trafen sich EU-Minister und Chefs der europäische Arbeitsämter in Brlin zu einer Konferenz. Gleichzeitig wird Kritik an den staatlichen Förderprogrammen laut.

Dass staatliche Jobförderprogramme fragwürdig seien, habe sich nach der deutsch-deutschen Vereinigung gezeigt, heißt es beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. „Man gewöhnt sich an die Subvention und bildet in zukunft nur noch aus, wenn es die Subvention gibt“, warnt DIW-Experte Karl Brenke.

Auch Philipp Bagus, Professor für Volkswirtschaft in Madrid, ist skeptisch – obwohl Spanien mit am meisten unter Jugendarbeitslosigkeit leidet. „Je mehr Subventionen ausgegeben werden, desto mehr Fördermittel werden nachgefragt“, sagt Bagus. „Aber die tatsächlichen Ursachen des Übels werden damit nicht bekämpft.“

Für viele Firmen in Spanien lohne es sich kaum, Arbeitskräfte einzustellen, berichtet er. Die Lohnnebenkosten betragen fast 40 Prozent, und die Nachfrage der privaten Verbraucher sei mau. Viele Menschen kämpften, um die Immobilienkredite, die früher großzügig gewährt wurden, zu bedienen.

Dies, die gestiegene Mehrwertsteuer und die Unsicherheit über die Zukunft drosselten den Konsum, berichtet Bagus. Der Ökonom berichtet nicht nur über abstrakte Zahlen: Seine Frau betreibt ein Tanzstudio und bekommt die Konsummüdigkeit zu spüren – „für ihre Kinder geben die Menschen noch Geld aus, für sich selbst nicht mehr“, berichtet Bagus.

Was ist die Alternative? Spaniens Linke und die Gewerkschaften beklagen Einschnitte ins soziale Netz, doch Bagus gehen die Kürzungen noch nicht weit genug: „In den Jahren 2001 bis 2007 haben sich die öffentlichen Ausgaben für Bildung und Gesundheit verdoppelt. Jetzt wurden sie vielleicht um zehn bis 15 Prozent gekürzt“, sagt er. Da sei noch Luft drin, urteilt der Experte – genauso wie bei den Ausgaben für die öffentliche Verwaltung: „Viele Funktionen gibt es doppelt – auf der Ebene der Zentralgegierung und der der autonomen Regionen“, sagt er. „Doppelte Ausschüsse, doppelte Beratergremien, in denen die Politiker ihre Freunde unterbringen.“ Bagus plädiert anstelle neuer Fördergelder für Steuersenkungen, damit die Firmen finanziell Luft bekommen.

Als Standortvorteil im europäischen Wettbewerb habe Spanien immerhin die Sonne, sagt er – welche Industrien in dem Land auf Dauer bestehen könnten, müsse sich erst noch zeigen. Schwierige Aussichten für die Jugendlichen, zumal viele Arbeitgeber in Spanien wenn, dann lieber Menschen über 30 Jahren einstellen. Dies berichtet zumindest Bagus: „Die junge Generation ist in der Zeit des einfachen Geldes aufgewachsen.“ Die Arbeitsethik lasse zum Teil zu wünschen übrig. Ob dies wohl auch für die jungen Leute gilt, die sich zurzeit eine neue Existenz in Deutschland und anderen Ländern Europas aufbauen? Erst gestern ermunterte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler junge Spanier, ihr Glück in Deutschland zu suchen. Die Auswanderung von Fachkräften aus Spanien sieht auch Bagus nicht als Gefahr, eher als Chance: „Das ist sicher gut für den kulturellen Austausch – davon profitieren beide Seiten.“ Philipp Bagus: „Die Tragödie des Euro. Ein System zerstört sich selbst.“ Finanzbuch Verlag, 17,99 Euro.

 

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