Schock und Wut bei Schaeffler
HERZOGENAURACH/MÜNCHEN - Jobangst: Das klamme Unternehmen will in Deutschland über 4500 Stellen streichen - doch es soll keine betriebsbedingten Kündigungen geben
„Ich habe Angst um meinen Job“ – diesen Satz sagen die Schaeffler-Angestellten im fränkischen Herzogenaurach ständig. In Kameras, zu Journalisten, zum Betriebsrat, zu jedem, der es hören will. Ihr Arbeitgeber hat gestern angekündigt, 4500 der 28000 Arbeitsplätze in Deutschland streichen zu wollen.
Jedes Jahr will Schaeffler so 250 Millionen Euro Personalkosten sparen, verkündete Geschäftsführer, Jürgen Geißinger. Schaeffler sitzt wegen der Conti-Übernahme auf einem Schuldenberg von geschätzten 20 Milliarden Euro und hofft auf Staatshilfen.
IG Metall ist skeptisch
Gleichzeitig gab die Unternehmensführung bekannt, es werde keine betriebsbedingten Entlassungen geben. Der bayerische IG Metall-Chef Werner Neugebauer zeigt sich gegenüber der AZ aber skeptisch: „Das glauben wir erst, wenn die Tinte unter dem Vertrag trocken ist. Wir hatten schon viele Unternehmen, die uns so etwas versprochen haben. Aber drei Monate später wusste dann plötzlich keiner mehr etwas davon.“
Der Plan der Unternehmensführung ist, unter anderem mit Kurzarbeit, Altersteilzeit und der Kürzung von Einmalzahlungen Kosten zu sparen. Eine Vereinbarung dazu soll bis zum 31.Juli geschlossen werden. Im Prinzip, betonte der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats, Norbert Lenhard, seien aber auch mit einem solchen Vertrag „die Arbeitsplätze genauso bedroht wie zuvor“.
Über 5000 Menschen demonstrierten spontan in Schweinfurt
Noch im Februar hatten die Herzogenauracher Arbeiter auf einer Großdemo Firmen-Chefin Maria-Elisabeth Schaeffler gefeiert. Slogans wie „Danke, Frau Schaeffler, dass mein Papa Arbeit hat“ waren auf Plakaten zu lesen. Jetzt ist die Stimmung gekippt: Wut und Schock herrschte bei der Belegschaft in der Betriebsversammlung in Schweinfurt. Hier sollen, wie im Stammwerk in Herzogenaurach, über 1000 Stellen wegfallen. In Schweinfurt demonstrierten nach Gewerkschaftsangaben spontan 5000 Menschen gegen den Jobverlust, in Herzogenaurach waren es 1300.
„Es wird von uns keine Zugeständnisse geben, wenn dann in einem halben Jahr entlassen wird. Dennoch hoffen und wünschen wir uns natürlich, dass wir gemeinsam mit Schaeffler die Kündigungen umgehen können“, sagte Neugebauer der AZ. Seine Angst: „Wir verhandeln gerade über die 250 Millionen Euro im Jahr, die bei Schaeffler wegen der Wirtschaftskrise eingespart werden müssen. Woher aber die rund 800 Millionen Euro jährlich kommen sollen, die Schaeffler an Zinsen wegen der Conti-Übernahme zahlen soll, dafür gibt es noch kein Konzept.“ mai
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