Schlechter Stil

Wie weit nach oben in der Hierarchie reichen die Missstände? - Matthias Maus, AZ-Chefreporter, über den Wehrbericht und den Minister
„Gutti“ wird das überleben, sagen die Demoskopen, die Fans des Verteidigungsministers würden sich nicht abwenden. Was vielleicht damit zusammenhängt, dass der adlige Minister die Sehnsucht bedient nach einer Welt für Helden, in der Politik nicht schmutzig und voller Fallstricke ist. Das ist aber nicht die Realität.
Der Minister lernt gerade, was typisch für dieses Amt ist: Man kann nicht viel Lorbeer verdienen, sich dafür aber jede Menge Ärger einhandeln.
Führungsschwäche, mangelndes Unrechtsbewusstsein, überforderte Vorgesetzte bemängelt der Wehrbeauftragte – ein Befund zur Unzeit für den Minister. In diesen Tagen stellt sich die Frage, wie weit nach oben diese Missstände reichen. Und warum Ekelrituale, Kampfsaufen und andere Exzesse noch immer an der Tagesordnung sind. Die Schinderei auf der Gorch Fock ist ja nur Symptom einer Unkultur, die Ex-Gebirgsjäger Guttenberg selbst miterlebt haben dürfte.
Schnell reagiert hat Guttenberg darauf nicht. Erst jetzt, unter Druck, entdeckt er einen Führungsstil, der sich in der Suche nach Sündenböcken erschöpft. Guttenberg mag nach außen glänzen. Nach innen riskiert jeder Chef Ansehen, der sprunghaft ist und Mitarbeiter bereitwillig opfert. Übrigens, der einzige Verteidigungsminister, der noch Kanzler wurde, ist Helmut Schmidt. Dass Guttenberg dessen Format erreicht, ist angesichts des aktuellen Krisenmanagements eher zweifelhaft.