Schlappe für Gaskunden

Der Bundesgerichtshof nimmt die Versorger in Schutz: Sie müssen sich für Preiserhöhungen nur bedingt gegenüber den Verbrauchern rechtfertigen. Verbraucherschützer fordern jetzt mehr Wettbewerb auf dem Gasmarkt.
von  Abendzeitung
Gaskunden können vor Gericht zwar eine Preiserhöhung prüfen lassen - nicht aber den ganzen Gastarif.
Gaskunden können vor Gericht zwar eine Preiserhöhung prüfen lassen - nicht aber den ganzen Gastarif. © dpa

KARLSRUHE - Der Bundesgerichtshof nimmt die Versorger in Schutz: Sie müssen sich für Preiserhöhungen nur bedingt gegenüber den Verbrauchern rechtfertigen. Verbraucherschützer fordern jetzt mehr Wettbewerb auf dem Gasmarkt.

Gasversorger lassen sich bei ihrer Preispolitik nur ungern in die Karten schauen. Davon können Verbraucher ein Lied singen, die schonmal versucht haben, sich gegen höhere Tarife zu wehren. Seit gestern ist das noch schwieriger.

Denn die Gasfirmen haben für ihre Geheimniskrämerei Rückendeckung vom Bundesgerichtshof bekommen. Er entschied: Verbraucher können zwar einzelne Preiserhöhungen gerichtlich prüfen lassen, nicht aber ganze Gastarife.

Worum ging’s in dem Verfahren? Geklagt hatte ein Verbraucher, dem die Stadtwerke 2005 und 2006 saftige Preiserhöhungen aufgebrummt hatten. Er verlangte, der Versorger müsse seine Preise offenlegen – und bekam damit sogar vor dem Landgericht Duisburg recht. Der BGH kippte dieses Urteil jetzt allerdings.

Was entschieden die BGH-Richter? Dass die Gasfirmen zwar darlegen müssen, warum sie die Preise erhöhen. Man könne ihnen aber nicht zumuten, ihre gesamte Kalkulation offenzulegen. Sie hätten ein „verfassungrechtlich geschütztes Geheimhaltungsinteresse an Geschäftsdaten“.

Was heißt das für die Verbraucher? Sie können bei Preiserhöhungen vom Versorger verlangen, dass er vor Gericht erklärt, wie sich seine Einkaufspreise erhöht haben. Verträge muss er dazu aber nicht offenlegen. „Wenn Verbraucher wirklich nachweisen wollen, dass die Preise zu unrecht erhöht wurden, müssen sie sich auf einen jahrelangen Rechtsstreit einstellen“, so Thorsten Storck vom Verbraucherportal Verivox zur AZ. Er rät Verbrauchern: „Man sollte sich im Zweifel lieber nach einem neuen Anbieter umsehen.“ Das Problem dabei: Es gibt auf dem Gasmarkt noch immer sehr wenig Wettbewerb.

Was fordern Verbraucherschützer? „Die Politik muss endlich für mehr Konkurrenz auf dem Gasmarkt sorgen“, so Holger Krawinkel zur AZ, Energieexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Haupthindernis sei die Vielzahl von Marktgebieten mit Gasnetzen verschiedener Anbieter. Neue Firmen müssten mit den Etablierten für jedes Gebiet über die Netznutzung verhandeln. Das sei kompliziert und halte sie vom Markteintritt ab. Krawinkel fordert daher deutlich weniger Marktgebiete: „Zwei statt bislang zwölf reichen aus.“

Wie geht es weiter mit dem Gaspreis? Der dürfte noch bis in den Januar hinein steigen. Gas ist zwar an den zuletzt rasant gefallenen Ölpreis gekoppelt – aber mit einem halben Jahr Verzögerung. Und im Juli lag der Ölpreis auf Rekordhoch. „Erst ab Februar wird der Gaspreis wieder sinken“, meint Holger Krawinkel. Er ist sicher: Gäbe es mehr Wettbewerb, wäre das anders. „Auf einem Konkurrenzmarkt könnten sich die Versorger Preiserhöhungen wie zuletzt gar nicht leisten.“

A. Jalsovec

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