Scheidung auf Bayerisch
Der CSU ergeht es wie mancher klassischen Ehe. Angela Böhm, die Landtagskorrespondentin der AZ, über die Wahlen im Freistaat.
Die Bayern haben der CSU viel zu verdanken. Sie hat den Freistaat in die Moderne geführt, ihn zum Vorzeigeland gemacht, in dem die Menschen besser leben als anderswo. Aber das ist auch ihr Dilemma. Der CSU ergeht es wie mancher Ehe: Der Mann hat Karriere gemacht, für Wohlstand gesorgt. Die Frau war loyal, hat alles hingenommen. Erst als die Kinder aus dem Haus sind, emanzipiert sie sich, reicht die Scheidung ein, wagt einen Neuanfang. Nicht wegen eines Anderen, aber den alten will sie auch nicht mehr.
Es ist eine emotionale Entscheidung, keine politische, die am Sonntag fällt. Die Bayern wollen keinen Politikwechsel. Aber auch keine CSU mehr, die sie alleine regiert. Nach 50 Jahren haben sie den Glauben an ihre Staatspartei verloren. Sie haben sich emanzipiert.
Stoiber hat den Bayern den Stolz genommen. Huber und Beckstein schaffen es nicht, ihnen das Mir-san-mir-Gefühl zurückzugeben. Bayern und CSU sind nicht mehr eins. Auch Grüne und SPD tragen Lederhosen und Dirndl. Der Chiemsee wird nicht austrocknen und der weiß-blaue Himmel sich nicht verdunkeln, wenn die CSU die 50 Prozent nicht mehr erreicht und zu einer normalen Partei wird.
Für Bayern beginnt ein neues Leben.