Ryanair-Chef fordert Toilettengebühr und lästert über München

Der irische Billigflieger Ryanair bietet zwei neue Ziele ab Memmingen an, will Stehplätze in seinen Flugzeugen einrichten, und attackiert die Lufthansa und den Flughafen München.
AZ: Wollen wirklich soviele Menschen von Memmingen nach Bremen fliegen, dass sich die Strecke lohnt?
MICHAEL O’LEARY: Ja, es gibt jede Menge Nachfrage für Nord-Süd-Verbindungen.
Wie sieht es mit Start- und Landeerlaubnissen ab München aus? Sind Sie daran nicht mehr interessiert?
Die haben uns ja schon gesagt, dass wir in München keine Chance haben, weil sie Lufthansa besonders gern mögen.
Der Lufthansa geht’s nicht gut, und im Lauf der Krise könnte sich die Haltung der großen Flughäfen gegenüber Billigfliegern ändern.
Die meisten großen europäischen Flughäfen haben schon ihre Haltung geändert, aber ich glaube, es wird nochmal 50 Jahre dauern, bis wir Zeichen intelligenten Lebens auf dem Flughafen München entdecken werden. Die glauben, ihr Job ist es, die Lufthansa zu subventionieren und überhaupt alles für die Lufthansa zu organisieren. So ist das eben, auch wenn ich nicht glaube, dass das der richtige Weg ist, einen Flughafen wachsen zu lassen. Dazu braucht es auch Low-Cost-Airlines.
München hat Easyjet.
Das ist keine Low-Cost-Airline. Der durchschnittliche Ticketpreis bei Easyjet ist 80, 90 Euro. Unser durchschnittlicher Preis ist 36 oder 37 Euro.
Plus die Zuschläge.
Man zahlt keine Zuschläge, wenn man kein Gepäck aufgibt. Zahlen Sie mit Visa Electron – keine Gebühren. Die Lufthansa verlangt von jedem beispielsweise 300 Euro plus Kerosinzuschlag. Bei Ryanair können Sie zurzeit eine Million Tickets zu Zielen in Europa für einen Euro kaufen.
Ist das so? Man hat manchmal den Eindruck, dass in der Werbung Tickets für einen Euro versprochen werden, aber die sind dann weg, wenn man sie buchen will.
Nehmen Sie Flüge im September oder Oktober: Ungefähr zehn Prozent unserer Tickets werden für einen Euro verkauft. Man bekommt sie vielleicht nicht am Freitagabend vor einem Wochenende mit anschließendem Feiertag, aber von Montag bis Donnerstag Mitternacht.
Sie sind bekannt für Ihre unkonventionellen Sparvorschläge. Eine Idee vermissen wir noch: Sollten die Fluggäste nach der Landung, bevor man ihnen erlaubt, das Flugzeug zu verlassen, den Staubsauger in die Hand nehmen und saubermachen?
Nein, sie wären zu langsam. Wir könnten nicht schnell genug wieder starten. Aber wir wollen zwei der drei Toiletten im Flieger ausbauen und dafür sechs weitere Sitze einbauen.
Das gäbe während des Fluges eine ganz schön lange Schlange vor der Toilette.
Das ist ja auch der Grund, warum wir über eine Toilettengebühr nachdenken. Wir wollen die Kunden dazu bringen, vor oder nach dem Flug die Toilette zu benutzen. Das würde es uns ermöglichen, die Ticketpreise noch einmal um vier bis fünf Prozent zu senken. Und wir denken darüber nach, die letzten zehn Sitzreihen auszubauen und dort Stehplätze einzurichten. Das hieße etwa: Wollen die Passagiere sitzen, zahlen sie 20 Euro, wollen sie stehen, einen Euro.
Stehplätze? Nach der ersten Turbulenz hätten sie einen großen Menschenhaufen im Stehplatz-Bereich.
Ach was. Sie haben Stehplätze im Zug, und Züge fahren 150 Stundenkilometer schnell.
Züge werden nicht von Stürmen durchgeschüttelt.
Aber sie kollidieren. In der Londoner U-Bahn stoßen ein oder zwei Mal pro Jahr Züge zusammen, dabei sterben Menschen. Warum sollten Leute nicht auch in Flugzeugen stehen? Gut, manche könnten hinfallen. Aber man braucht sich nur gut festzuhalten, dann fällt man nicht hin.
Welchen Durchschnittspreis wollen Sie einmal erreichen?
Der Basis-Flugpreis sollte null Euro betragen. Nur wenn Passagiere beispielsweise einen Sitzplatz wollen oder eine Tasche mitbringen, sollten sie etwas zahlen müssen.
Sie haben immer wieder angekündigt, in den nächsten zwei bis drei Jahren zurücktreten zu wollen. Warum a) versprechen Sie das und b) tun Sie’s dann nicht?
a) Wenn Sie mir heute sagen, dass ich bei Ryanair bleibe bis ich 68 bin und nichts anderes mehr mache, werfe ich mich vor einen Zug. b) Ich habe Kinder im Alter von vier Jahren, zwei Jahren und vier Wochen und ich glaube, man sollte hart arbeiten, wenn man kleine Kinder hat.
Um der Familie aus dem Weg zu gehen oder um Geld zu verdienen?
Ich bin wie alle Männer. Wenn Babys da sind, die schreien und gefüttert werden müssen, fällt mir ein, dass ich eine wichtige Pressekonferenz in München habe und schnell weg muss.
Int.: sun