Runterfahren!

Einmal auf die Tränendrüse gedrückt – und dann wieder auf die Spritze. Gunnar Jans fragt sich, ob man überhaupt noch über die Doping-Tour berichten soll.
von  Abendzeitung

Einmal auf die Tränendrüse gedrückt – und dann wieder auf die Spritze. Gunnar Jans fragt sich, ob man überhaupt noch über die Doping-Tour berichten soll.

Interessiert Sie noch, wer bei der Tour de France führt, auf welchem Platz der beste Deutsche liegt und wie die Königsetappe verläuft? Oder haben Sie sich abgewendet von dieser morbiden Dopingshow, die mit Sport nur noch insofern zu tun hat, als dass sie die Perversion eines Wettbewerbs darstellt: dreckiger, korrupter, verseuchter. Die Tour der Heuchler.

Das Schlimme ist doch: Der Radsport hat nichts gelernt aus den Skandalen. Statt den in den Verruf geratenen Sport von Grund auf zu reinigen und alle Mitwisser und Drahtzieher aus dem Verkehr zu ziehen, hieß es: Einmal auf die Tränendrüse gedrückt – und dann wieder auf die Spritze.

Riccardo Rocco, auf der 12. Etappe der dritte Ertappte, hat gezeigt, dass man gedopt noch immer am schnellsten über die Berge kommt. Und dies mit dem Wissen des Pelotons. Der Ausstieg der deutschen Sponsoren, T-Mobile im Vorjahr und Gerolsteiner im kommenden, ist die einzig konsequente Reaktion. Skandalös dagegen, dass ARD und ZDF weiter Gebührengelder für die schmutzige Tour verschwenden. Die Fernsehmacher kriegt man nur über die Quote. Erst wenn immer weniger zuschauen, wie die Tour und der Radsport vor sich hinsiechen, werden sie abschalten. Wir bei der AZ diskutieren inzwischen, ob wir Ihnen dieses unwürdige Spektakel noch weiter zumuten wollen. Buchstäblich runtergefahren haben wir die Tour ohnehin schon. Doch soll man überhaupt noch berichten, solange dort weiter Selbstzerstörung betrieben wird?

Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der Abendzeitung

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