Rosa Elefanten
Ärgerliche Kämpfe auf absurden Nebenkriegs- Schauplätzen – AZ-Redakteurin Anja Timmermann über die Koalitionsverhandlungen
Jetzt also naht die Stunde der Wahrheit. Nach dem Sommer der allseits versprochenen rosa Elefanten – wobei wir brav differenzieren wollen, dass die FDP sie dem oberen Drittel der Gesellschaft versprochen hat, die Linke dem unteren Drittel und Herr Seehofer je nach Tagesform wem auch immer – werden wir nun sehen, was von den Verheißungen übrig bleibt.
Dass kein Geld dafür da ist, wissen alle Beteiligten längst. Umso ärgerlicher ist das betont unschuldige Papier aus dem Kanzleramt, man habe da noch ein paar „bisher kaum beachtete“ Risiken in Höhe von mal eben 40 Milliarden gefunden. Natürlich kommt es punktgenau zum Start der Gespräche mit der FDP, um alle ihre Forderungen damit wegzuwedeln. Und natürlich wird die FDP die Vorlage ebenso gespielt empört wie tatsächlich erleichtert aufgreifen, um gesichtswahrend von ihren Maximalforderungen runterzukommen und sich mit kosmetischem Schnickschnack zu begnügen – mutmaßlich mit der Begründung, dass die böse große Koalition in der Krise so viel Geld ausgegeben habe (als ob sie schuld daran ist).
Noch ärgerlicher ist aber, wie viel Raum dieser – eben so absurde – Nebenkriegsschauplatz einnimmt. Klar sind niedrigere Steuern nett, aber erstens kommen sie ja eh nicht, und zweitens sind sie gerade in Zeiten der Krise auch nicht der vordringlichste Herzenswunsch der Bürger. Wie wär’s stattdessen mit Bildung? Oder die Frage, wie wir unser Land zukunftsfest machen? Wie neue Jobs entstehen? Mit würdigen Löhnen? Vielleicht kann man die Kämpfe ja mal darum führen statt um die rosa Elefanten.