Rettungsring für die Konjunktur

Wegen der Finanzkrise droht die deutsche Konjunktur abzuschmieren. Die Regierung will sie deshalb stützen. Auch Ökonomen finden das gut. Widerstand kommt dagegen aus den Bundesländern.
von  Abendzeitung
Rauchende Schlote: Die Bundesregierung überlegt, wie sie die Konjunktur stützen kann.
Rauchende Schlote: Die Bundesregierung überlegt, wie sie die Konjunktur stützen kann. © dpa

MÜNCHEN - Wegen der Finanzkrise droht die deutsche Konjunktur abzuschmieren. Die Regierung will sie deshalb stützen. Auch Ökonomen finden das gut. Widerstand kommt dagegen aus den Bundesländern.

Nach dem Rettungsschirm für die Banken soll der „Schutzschirm für die Arbeitsplätze“ kommen. Nicht nur SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier will, dass der Staat wegen der drohenden Rezession die Wirtschaft stützt. Auch Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel möchte der Konjunktur möglichst rasch unter die Arme greifen.

Innerhalb der nächsten vier Wochen will sich die Koalition darüber einigen, wie man der Wirtschaft helfen will. Ein schuldenfinanziertes Konjunkturprogramm soll es aber nicht geben. Ohnehin kommt Widerstand aus den Bundesländern: Das Ganze gefährde den Haushalt, hieß es. „Wir dürfen nicht mehr auf Pump finanzieren", warnte Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger. Derweil tritt die deutsche Wirtschaft auf der Stelle, machte gestern die Bundesbank klar. Die deutsche Industrie rechnet mit einem deutlichen Rückgang für 2009. Auch Ökonomen fordern daher: Der Staat muss helfen. „Er sollte sich aber darauf konzentrieren, bereits geplante wachstumsfördernde Maßnahmen jetzt vorzuziehen“, sagte Roland Döhrn, Konjunkturchef des RWI-Instituts,der AZ. Die wichtigsten Vorschläge:

Steuersenkungen. Im Gespräch ist, dass man Krankenkassenbeiträge stärker als bisher von der Steuer absetzen kann. Wegen eines Verfassungsgerichtsurteils muss das ohnehin bis 2010 möglich sein. „Die Regierung sollte es schon ab Anfang 2009 ermöglichen“, fordert Gernot Nerb Konjunktur-Experte beim Münchner-Ifo-Institut gegenüber der AZ. Die Arbeitnehmer könnten sich die Freibeträge dann auf der Lohnsteuerkarte eintragen lassen. Roland Döhrn hält es darüber hinaus für sinnvoll, die Steuer-Progression erst bei einem höheren Einkommen als derzeit einsetzen zu lassen. „Damit würden heimliche Steuererhöhungen abgemildert, die durch die Inflation entstehen." Hintergrund: Lohnsteigerungen werden wegen der Steuerprogression besonders hoch belastet. Gleichzeitig frisst die Inflation einen guten Teil der Steigerung. Unterm Strich bleibt daher netto weniger.

Investitionen.„Auch hier sollte man vorziehen, was ohnehin schon geplant oder gar genehmigt ist“, meint Roland Döhrn. Das könnten Straßenprojekte sein. „Vor allem aber auch Investitionen in Schulen oder Hochschulen“, sagt Ifo-Mann Nerb. Allerdings dürfte es wenige solche Schubladenprojekte geben, und komplett neue Investitionsprojekte aufzulegen, halten die Experten nicht für sinnvoll. „Das dauert viel zu lange, bis die wirksam werden", so Döhrn. Die Regierung plant auch Hilfen für einzelne Branchen, etwa die Autoindustrie oder das Handwerk. Außerdem will sie den Bürgern wohl Zuschüsse und günstige Kredite bei der Gebäudesanierung gewähren.

Staatsgarantien. Im Gespräch ist, auch Kredite an Firmen staatlich abzusichern. „Sollte es wirklich eine Kreditklemme bei den Firmen geben, wäre das sinnvoll“, sagt Experte Döhrn. Im Moment sieht es aber noch nicht danach aus. Laut Bundesbank investieren die Firmen derzeit noch immer fleißig - und bekommen dafür offenbar auch ausreichend Kredit.

A. Jalsovec

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