Rettung in höchster Not

Mit einem Milliarden-Paket bewahrt der Staat die Münchner Immobilienbank vor der Pleite und rettet vorerst das Vertrauen ins Bankensystem. Doch die Krise könnte auf andere Institute übergreifen. Die Angst der Anleger vor Hiobsbotschaften ist groß.
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Mit einem Milliarden-Paket bewahrt der Staat die Münchner Immobilienbank vor der Pleite und rettet vorerst das Vertrauen ins Bankensystem. Doch die Krise könnte auf andere Institute übergreifen. Die Angst der Anleger vor Hiobsbotschaften ist groß.

Leicht hatte es die Dame am Empfang der Hypo Real Estate (HRE) gestern wahrlich nicht. „Bei uns ist die Hölle los“, keucht sie ins Telefon. Beim Versuch, zu verbinden, fliegt der Anrufer aus der Leitung. Zeichen dafür, wie sehr es drunter und drüber ging an diesem schwarzen Montag für den Münchner Immobilienfinanzierer.

Tatsächlich war in der Firmenzentrale an der Von-der-Tann-Straße buchstäblich Feuer unterm Dach. Noch am Sonntagabend stand das Unternehmen kurz vor dem Kollaps. In einer dramatischen Rettungsaktion stellten der Bund und ein Bankenkonsortium 35 Milliarden Euro bereit. Das bewahrt den Konzern, der Mitglied im Deutschen Aktienindex (Dax) ist, vor dem Untergang.

Die HRE-Aktie stürzte dennoch ins Bodenlose. Zwischenzeitlich verlor das Papier mehr als 70 Prozent. Auch die Kurse anderer Banken rauschten runter. Der Dax fiel weit unter 6000 Punkte. Das zeigt: Die Angst der Anleger vor weiteren Hiobsbotschaften der Banken ist groß. Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Turbulenzen und der Fast-Pleite der HRE.

Warum hat die Bank Probleme? Die HRE ist einer der größten Finanzierer von Gewerbe-Immobilien in Europa. Die Probleme liegen aber bei ihrer Tochter, der Depfa-Bank. Die gibt vor allem Staaten Kredit, die damit Infrastrukturprojekte finanzieren – etwa Straßen. Die Depfa selbst leiht sich das Geld von anderen Banken. Etwa zu einem Viertel nimmt sie dafür kurzfristige Kredite auf. Laufen die aus, zahlt sie die Beträge zum Teil mit neuen Krediten zurück.

„Der Markt für kurzfristige Finanzierungen ist aber seit der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers zusammengebrochen“, sagt Konrad Becker, Analyst beim Bankhaus Merck Finck. Denn wegen der Finanzkrise sind die Banken misstrauisch, leihen sich gegenseitig nichts mehr. Die Depfa konnte daher ihre Schulden nicht zurückzahlen.

Ein Kollaps der HRE hätte das Vertrauen ins System erschüttert

Warum sind die anderen Banken eingesprungen? „Keiner hat Interesse daran, eine andere Bank über die Klinge springen zu lassen“, meint Wolfgang Gerke zur AZ, Chef des Bayerischen Finanzzentrums in München. Ein Kollaps der HRE hätte das Vertrauen ins deutsche Bankensystem vollkommen erschüttert. Jetzt bekommt die HRE 14 Milliarden Euro von Banken und Bund. Die restlichen 21 Milliarden trägt der Bund alleine. Insgesamt gibt er damit für gut 26 Milliarden Euro Staatsgarantien ab.

Was bedeutet die Staatsgarantie? Sollte die Hypo Real Estate es nicht schaffen, die geliehenen Gelder zurückzuzahlen, springt der Staat ein. „Im Ernstfall zahlt also der Steuerzahler“, sagt Banken-Professor Gerke. Dennoch hält er die Garantie für richtig. „Dieses Signal war nötig.“ Eine Pleite der HRE sei damit vom Tisch.

Müssen sich die HRE-Mitarbeiter Sorgen machen? Vorerst wohl nicht. „Ein Stellenabbau steht nicht zur Debatte“, heißt es beim Unternehmen. Man habe nur eine Lücke in der Refinanzierung geschlossen. Tatsächlich sind die Vermögenswerte der Bank in Ordnung. Bei der Gewerkschaft Verdi herrscht dennoch Skepsis: Keiner wisse, wie das Hilfsprogramm greife. Die HRE hat weltweit 1900 Mitarbeiter, davon 600 in München.

Drohen weiteren Banken Probleme? „Das lässt sich nicht ausschließen“, meint Banken-Experte Becker. Das Risiko, am Geldmarkt keine Kredite mehr zu bekommen habe für deutsche Banken deutlich zugenommen. Auch Wolfgang Gerke meint: „Das ist eine schwierige Situation für Banken, die keine große Zahl an Privateinlegern haben.“ Sie finanzieren sich vor allem über den Geldmarkt. Existenziell bedroht sei zwar noch keine Bank. „Aber klar ist: Auch deutsche Banken kommen nicht ungeschoren davon.“

Andreas Jalsovec, Elena Panagiotidis

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