Restlaufzeiten

Matthias Maus, Chefreporter der AZ, über die Zukunft von Schwarz-Gelb. Der Eindruck von Abhängigkeit beschleunigt die Erosion.

Wie lange hält Schwarz-Gelb durch? Seit gestern gibt es einen möglichen Termin, der die Restlaufzeit für die Regierung begrenzen könnte. Spätestens im September 2012 muss Schleswig- Holstein neu wählen. Und wenn sich nicht grundlegend etwas ändert an der Stimmung im ganzen Land, vor allem aber an der Arbeit der Bundesregierung, dann geht in gut zwei Jahren das Küstenland für Union und FDP verloren – und damit ein weiteres Stück Legitimation, ein weiteres Stück Handlungsfähigkeit.

Es wäre zu kurz gefasst, den Kieler Richtern Teilschuld am Abstieg der Regierung zu geben. Es ist schon erstaunlich, wie hilflos und scheinbar wehrlos die Regierung ihrem Erosionsprozess gegenübersteht. Und wenn sie handelt, dann unsensibel und ohne Fortüne.

Bestes und aktuellstes Beispiel ist die Atomkraft. Gegen eine starke Minderheit, oder je nach Umfrage sogar gegen ein Mehrheit der Bevölkerung macht Bundeskanzlerin Angela Merkel Politik zugunsten einer Lobby. Die versucht gar nicht erst zu verbergen, welche Macht sie hat. Indem die Stromkonzerne ihre Quasi-Monopolstellung ausspielen, zeigen sie mehr als Arroganz. Sie führen das demokratische System vor, und sie beschädigen die angebliche handelnde Regierung. Egal zu welchem Termin: Wenn Merkel und Westerwelle scheitern, dann deshalb, weil den Eindruck der Abhängigkeit und der Willfährigkeit nicht widerlegen können. Und danach sieht es aus.