Razzien: Bank-Manager im Visier

STUTTGART/MÜNCHEN - Ermittler durchsuchen Baden-Württembergs Landesbank. Grund sind riskante Geschäfte der Chefs mit Giftpapieren. Weitere Razzien sind möglich.
Sie kamen am Vormittag – und mit einem riesigen Aufgebot: 240 Ermittler durchsuchten gestern in einer Großrazzia die Geschäftsräume der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Zeitgleich filzten die Beamten zehn Privatwohnungen. Der Verdacht: Schwere Untreue der Bank-Chefs.
Gegen wen wird ermittelt? Im Visier haben die Fahnder sieben ehemalige und amtierende Vorstandsmitglieder. Darunter ist auch Siegfried Jaschinski, Ex-Chef der LBBW. Er hatte im Frühjahr seinen Chefsessel geräumt. Seitdem führt Hans-Jörg Vetter die größte deutsche Landesbank. Er wird aber nicht beschuldigt.
Warum wird ermittelt? Die Staatsanwaltschaft wirft den Bankmanagern vor, seit 2006 dreistellige Millionenbeträge in riskante Geschäfte mit US-Hypothekenanleihen investiert – oder zumindest nicht untersagt – zu haben. Damals sei aber absehbar gewesen, dass der Markt für diese Wertpapiere vor dem Zusammenbruch stand. Die Vorstände hätten damit der Bank pflichtwidrig einen Schaden in Millionenhöhe zugefügt. Dem Verdacht der Untreue gehen die Ermittler bereits seit einem Jahr nach. Auslöser waren Strafanzeigen mehrerer Bürger. Sie hatten die LBBW-Manager nach dem Milliardenverlust für 2008 angezeigt.
Müssen nun auch andere Bankmanager zittern? Das ist nicht auszuschließen. Schließlich haben fast alle Banken sehenden Auges in die Giftpapiere investiert. Theoretisch könnten daher auch bei privaten Banken, die damit spekuliert haben, Aktionäre gegen das Management klagen. „Es kann durchaus sein, dass es zu einer Kettenreaktion kommt und es weitere Razzien gibt“, meint Klaus Fleischer, Professor für Bankwesen an der Hochschule München.
Skeptischer ist Wolfgang Gerke, Chef des Bayerischen Finanzzentrums. „Da müsste man den Managern schon nachweisen, dass der Vermögensschaden durch ihr bewusst falsches Verhalten entstanden ist.“ Wie Fleischer glaubt aber auch Gerke: Es ist kein Zufall, dass die Staatsanwälte erneut bei einer Landesbank aktiv werden.
Was läuft bei den Landesbanken falsch? Die LBBW ist längst nicht die einzige Landesbank, bei der Manager am Pranger stehen. Bei der BayernLB gab’s schon im Oktober eine Razzia. Dort geht die Staatsanwaltschaft dem Verdacht nach, ob zuviel Geld für die Tochter Hypo Alpe Adria gezahlt wurde. Auch die HSH-Nordbank wirft Ex-Managern vor, bei Geschäften mit riskanten Papieren die Sorgfaltspflicht verletzt zu haben.
Bei den Landesbanken, sagt Experte Gerke, hätten Manager „bewusst die Aufsicht unterlaufen“. Für Klaus Fleischer ein Zeichen, dass „sämtliche Kontrollmechanismen versagt haben“. Das gelte für staatliche Kontrollgremien wie auch für die Verwaltungsräte, die mit Politiker besetzt sind.
aja