Ratlos in Kreuth

AZ-Redakteurin Angela Böhm über die Verfassung der CSU.
Mir san mir! So zelebrierte sich die CSU über Jahrzehnte in Kreuth. Doch jetzt bleibt ihr noch zu fragen: Wer san mir? Und: Wo san mir? Die Partei, die ein halbes Jahrhundert Bayern alleine regierte und in Berlin mitmischt, ist an schwerer Schwindsucht erkrankt. Da kann CSU-Chef Horst Seehofer noch so auf heile Welt machen. Er und seine CSU sind entzaubert. Mit ihm als Heilsbringer kam weiteres Unheil über die Christsozialen.
Ihr Wirtschaftsimage wurde von der BayernLB zertrümmert. Ihre Glaubwürdigkeit von der Wackelpolitik des Parteichefs. Wie schnell sich Seehofer drehen und wenden kann, beweist er wieder im Steuerstreit. Bisher kämpfte er mit der FDP Seite an Seite für eine Steuersenkung, koste es, was es wolle. Jetzt, wo er endlich merkt, dass die Bürger keine Geschenke auf Pump wollen, rudert er zurück und tut, als sei er schon immer der Oberrealist gewesen.
So geht von Kreuth kein Zeichen des Aufbruchs aus. Kein Zeichen von Zuversicht. Auch wenn Seehofer das unverdrossen verkündet. Der CSU fehlt das richtige Rezept für ihre Heilung. Der bayerische Patient liegt in Wahrheit lustlos, kraftlos, ratlos und orientierungslos darnieder. So jedenfalls kommt er nicht mehr auf die Beine.
Kreuth 2010 verbreitet vielmehr Endzeitstimmung: In der Wunschkoalition in Berlin, in der nach kurzen Flitterwochen schon der Rosenkrieg Alltag ist. Und auch in der CSU, die verspricht, Deutschland zu erneuern, während ihr Mut und Kraft fehlen, sich erst einmal selbst zu erneuern.