Putsch von rechts

Nach dem Vormittag der langen Messer wartet eine Herkulesaufgabe auf Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier. Markus Jox über den Machtwechsel in der SPD.
von  Abendzeitung

Nach dem Vormittag der langen Messer wartet eine Herkulesaufgabe auf Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier. Markus Jox über den Machtwechsel in der SPD.

Bühne frei für das große Hauen und Stechen, Vorhang auf für den Bundestagswahlkampf: Mit dem Vormittag der langen SPD-Messer am idyllischen Schwielowsee, mit dem Rücktritt Becks, der Krönung Steinmeiers und der triumphalen Rückkehr Münteferings ist die große Koalition mehr als ein Jahr vor dem Ende der Legislaturperiode de facto an ihrem Ende. Zwar werden Schwarze und Rote weiterwursteln; auf große, gar wegweisende Entscheidungen braucht jetzt aber niemand mehr zu hoffen.

Es war ein Putsch von rechts, der sich in der SPD ereignet hat. Die Freunde Gerhard Schröders, die Verfechter der Agenda 2010 haben sich – zumindest vorläufig und mit einiger Brutalität – durchgesetzt.

Genervt vom unsicheren, selbstmitleidigen Führungsstil Kurt Becks, dem irrlichternden Linkskurs der Hessin Ypsilanti und den dramatischen Einbußen bei Mitgliederzahlen und Meinungsumfragen, aber auch getrieben von einer gnadenlos populistischen Linkspartei wollen sie ihrer Partei einen Roll-back aufs Auge drücken.

Steinmeier und Müntefering haben eine Herkulesaufgabe vor sich: Sie müssen die zerstrittenen Lager ihrer Partei versöhnen, Steinbrückisten genauso hätscheln wie Nahlesianer einbinden. Und sie müssen sich um die Beck-Anhänger kümmern, die vor allem in der mittleren Funktionärsschicht und an der Basis zu finden sind.

Wer sich erinnert, wie auf dem letzten Parteitag das Wegrobben von der Agenda 2010 beklatscht wurde, der ahnt: Am Schwielowsee gab es nicht nur einen Putsch von rechts, sondern auch einen äußerst riskanten Putsch von oben.

Der Autor ist Politikredakteur der Abendzeitung

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.