P+S-Werften stellen Insolvenzantrag

Nach wochenlangem Hoffen und Bangen haben die angeschlagenen P+S-Werften am Mittwoch Insolvenz angemeldet. Knapp 2000 Jobs stehen auf der Kippe.
von  dpa

Nach wochenlangem Hoffen und Bangen haben die angeschlagenen P+S-Werften am Mittwoch Insolvenz angemeldet. Knapp 2000 Jobs stehen in den Schiffbaubetrieben in Stralsund und Wolgast damit auf der Kippe.

Stralsund - Über den Antrag, den Werftchef Rüdiger Fuchs eingereicht hat, wird das Amtsgericht Stralsund frühestens an diesem Donnerstag entscheiden.

Fuchs, der bis zuletzt vergeblich versucht hatte, Auftraggebern und Zulieferern finanzielle Zugeständnisse abzuringen und so die Insolvenz abzuwenden, kündigte an, dass die Arbeiten an den Schiffsneubauten zunächst weitergehen sollen. Fortwährende Verzögerungen bei der Auslieferung von zwei Fähren an die Reederei Scandlines hatten zu Jahresbeginn die schon seit 2009 anhaltende Finanznot der Werften dramatisch verschärft.

Für August sollen Löhne und Gehälter der Beschäftigten, dem Vernehmen nach sieben Millionen Euro, bereits aus dem staatlichen Insolvenzgeld gezahlt werden. Auf den Werften sind 1771 Mitarbeiter und 116 Auszubildende beschäftigt.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) bezeichnete die Insolvenz der P+S-Werften als schweren Schlag, drückte aber auch seine Hoffnung auf einen Neustart aus. Die Werften seien der Kern der maritimen Wirtschaft und wichtiger Arbeitgeber im Land. "Deshalb wird die Landesregierung auch in Zukunft den notwendigen Strukturwandel auf den Werften begleiten", versicherte der Regierungschef.

Land und Bund hatten die Auszahlung der im Mai bewilligten staatlichen Rettungsbeihilfen kurzfristig gestoppt, nachdem deutlich geworden war, dass die Werftensanierung teurer wird und die 152,4 Millionen Euro an Liquiditätshilfen nur bis Jahresende reichen. Das Land hatte den Werften, die nach eigenen Angaben über Auftragsbestände im Wert von einer Milliarde Euro verfügen, bereits im Krisenjahr 2009 mit einem 48-Millionen-Euro-Kredit unter die Arme gegriffen.

Wie P+S-Manager Fuchs sagte, strebt das Unternehmen ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung an, um das vorhandene Know-how im Unternehmen zu halten und möglichst viele Schiffe aus dem Auftragsbestand weiterzubauen. "Wir haben niemanden, der etwas storniert oder gekündigt hat", betonte Fuchs.

"Die Kollegen und Kolleginnen können Spezialschiffe bauen, wenn man sie nicht überfordert", erklärte Fuchs, der erst seit drei Wochen an der Spitze der Werften steht. Als Grund für die finanziellen Probleme nannte er frühere Managementfehler. Die Volkswerft in Stralsund, die jahrelang nur Containerschiffe baute, habe auf dem Weg zum Spezialschiffbauer zu viele Neukonstruktionen in zu kurzer Zeit übernommen. "Man hat sich zu viel vorgenommen", sagte Fuchs, der sein weiteres Engagement von der Entscheidung des Amtsgerichts abhängig machen will. Die Stimmung der Stralsunder Werftarbeiter war am Mittwoch mehr als gedrückt. Der Betriebsrat von Stralsund, Jürgen Kräplin, appellierte an Land und Bund, nach dem Insolvenzantrag zu ihrem Wort zu stehen. Am 21. August hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Ministerpräsident Erwin Sellering den Mitarbeitern Unterstützung zugesagt, soweit es der rechtliche Rahmen zulasse. "Wir erwarten, dass Land und Bund zu den Zusagen stehen und (...) sich am Fortführungskonzept beteiligen", sagte Kräplin. "Die Kollegen glauben an einen Neuanfang. Sie vertrauen auf das Konzept von Herrn Fuchs", betonte der Wolgaster Betriebsratsvorsitzende Carsten Frick.

Im Schweriner Landtag lieferten sich Regierung und Opposition einen Schlagabtausch über die politische Verantwortung für die neuerliche Werftenpleite. Ministerpräsident Sellering warnte vor einer "politischen Schlammschlacht". Nach dem Insolvenzantrag erwarteten die Werftarbeiter und deren Familien "zu Recht, dass ihr Schicksal nicht zum Spielball kleinlicher parteitaktischer Manöver wird". Er rief Linke und Grüne auf, bei der Suche nach einem Neuanfang mitzuhelfen. Nach Ansicht von Linksfraktionschef Helmut Holter hat die Regierung mit dem kurzfristigen Stopp der staatlichen Rettungshilfen die Insolvenz leichtfertig in Kauf genommen.

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