Prozente und Promille
"Warum ist die CSU im Weinzelt nur so stark wie die FDP?": Frank Müller, der stellvertretende Chefredakteur der AZ, über Umfragen allerorten.
Plus X, minus X – je näher der Wahlsonntag rückt, desto interessanter und spannender wird das furiose Gesellschaftsspiel der Wahlumfragen. Doch auch wenn die CSU nun in der dritten Umfrage in Folge unter die für die Partei so wichtige 50-Prozent- Marke fällt: Es sind Stimmungen, die hier gemessen werden, und keine Stimmen. Die gibt es erst am Sonntag ab 18 Uhr.
Darauf muss man schon noch einmal hinweisen, auch angesichts der vielen Blamagen, die sich selbst renommierteste Institute bei wichtigen Wahlen schon geleistet habe. Jede Umfrage hat zwei Eigenschaften, über die man Bescheid wissen muss, wenn man sie begreifen will: Sie ist eine Momentaufnahme, hat daher nur eine ganz kurze Haltbarkeitsfrist. Und: Sie ist immer fehlerhaft, weil man von einer kleinen Menge Befragter eben nicht hundertprozentig auf alle Wahlberechtigten schließen kann.
Von daher hat auch die AZ-Wiesnzeltumfrage auf dieser Doppelseite bei allem Spaß an der Oberfläche auch eine tiefere Dimension: Sie mag nicht richtig repräsentativ sein und nicht jede Stimmungsnuance in allen Zelten zweifelsfrei erfasst haben. Aber eine Momentaufnahme, eine Stimmung gibt sie sehr wohl wieder.Was also macht die SPD falsch bei den Menschen, die sich gern im Schottenhamel versammeln? Was heißt es für die CSU, wenn sie im Weinzelt nur so stark ist wie die FDP? Und schließlich: Woher kommt eigentlich die kräftige rote Mehrheit im Augustinerzelt? All das sagt etwas aus: über Politik, über die Wiesnzelte – und über uns.
Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der AZ.