Polizei im Dilemma
Allzu martialisches Verhalten kann auch Unbehagen auslösen – AZ-Landtagskorrespondentin Angela Böhm über die Terror-Drohungen
Als die Rote-Armee-Fraktion in den 70er Jahren die Republik mit Terror übersäte, war die Lage für die Polizei klar: Es handelte sich um eine Gruppe von 80 Aktivisten und 300 Unterstützern. Sie hatten es auf einzelne Repräsentanten der Gesellschaft abgesehen und waren zur Fahndung ausgesetzt. Man fand „Hinrichtungs-Listen“. Deutschland drohte sich zum Polizeistaat zu verwandeln. Trotzdem konnten 34 Morde nicht verhindert werden.
Bei der Bedrohung durch den islamistischen Terror ist die Lage dagegen völlig unklar. Keiner kennt die möglichen Attentäter. Keiner ihr Pläne. Aber alle ihre Drohungen. Klar ist nur: Sie wollen die Gesellschaft in Angst und Schrecken versetzen und mit ihren Anschlägen eine möglichst große Menschenmenge töten.
Wie kann sich der Rechtsstaat gegen eine solche Bedrohung wehren? Die bayerische Polizei zieht jetzt alle Register: Ein Sicherheitsgürtel um die Wiesn soll Autobomben abwehren, die Festsetzung von Islamisten in Vorbeugehaft potenzielle Terroristen abschrecken. Und Massenkontrollen am Hauptbahnhof und auf den Straßen sollen den Menschen ein Gefühl der Sicherheit geben.
Dieses martialische Auftreten mag bei manchem aber auch Verunsicherung und vor allem Unbehagen auslösen. Die Polizei steckt in dieser Situation im Dilemma. Tut sie nichts, und es passiert was, heißt es: Sie hat mal wieder geschlafen. Tut sie zu viel, gibt es sofort die Klage: Sie hat kein Fingerspitzengefühl. Egal, wie die Sicherheitsbehörden auch reagieren: Für sie ist es eine No-Win-Situation.