Poker in Frankfurt: Fusioniert die Commerzbank mit der Deutschen Bank?
Wer im Dax ist, hat es geschafft. Nur die 30 stärksten deutschen Unternehmen gehören zum Kreis der Erlauchten. Ab Montag zählt die Commerzbank allerdings nicht mehr dazu, sie wurde vom Münchner Unternehmen Wirecard überholt. Zugleich fliegt die Deutsche Bank aus dem EuroStoxx 50 – und zählt damit nicht mehr zu den 50 wertvollsten Börsenunternehmen im Euroraum.
Eine Entwicklung, die dem Traum einer erfolgreichen deutschen Großbank wieder Aufwind verleiht und Fusionsfantasien beflügelt. Das zeigen – nach langen, andauernden Verlusten an der Börse – die Kursgewinne von Deutscher Bank (um mehr als acht Prozent in einer Woche) und Commerzbank um 12,5 Prozent).
Schon lange wird über einen solchen Zusammenschluss spekuliert. Ob dieser tatsächlich ein Erfolgsmodell würde, darüber sind sich die Experten nicht einig. Eines ist jedoch klar: Der Abstieg der Banken – viele leiden noch unter Spätfolgen der Finanzkrise 2008, unter dem niedrigen Zinsniveau und zu hohen Kosten – steht in deutlichem Gegensatz zum Erfolg der übrigen Wirtschaft.
Deutschland gilt als "overbanked"
Dabei bräuchten gerade jene Unternehmen, die einen Börsengang planen, ins Ausland gehen wollen oder mit anderen fusionieren wollen, starke, stabile Banken im Rücken. So sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) jüngst, es sei ein Problem für eine große Volkswirtschaft wie die deutsche, "dass die Banken nicht die Größe und die Globalität haben, um die Wirtschaft zu begleiten".
Eine Fusion könnte Deutsche Bank und Commerzbank zumindest vor dem drohenden Absturz in die Bedeutungslosigkeit retten. Auf dem umkämpften Heimatmarkt hätten die Institute mit zusammen über 30 Millionen Privatkunden mehr Schlagkraft.
Trotzdem würde das Geldverdienen damit nicht unbedingt einfacher: Denn Deutschland gilt als "overbanked": Tief verwurzelt in den Regionen sind unter anderem 385 Sparkassen sowie 915 Volks- und Raiffeisenbanken.
Auch international könnten die beiden Geldhäuser Boden gutmachen, wenn sie als europäische Großbank wieder an Stärke gewinnen – zwischen der enormen Ertragskraft der Häuser in den USA und den Möglichkeiten der großen chinesischen Banken.
Fusion von Commerzbank und Deutscher Bank würde Kosten senken
Beim Megathema Digitalisierung könnten beide Banken ohnehin von einer Fusion profitieren und sich bei der Modernisierung der – nach Einschätzung des im April abgesetzten Konzernchefs John Cryan – "lausigen IT der Deutschen Bank" zusammentun.
Durch einen Zusammenschluss könnten dann auch allgemein Kosten gesenkt werden. Das Analysehauses RBC beziffert möglichen Einsparungen auf 2,1 Milliarden Euro. Eine Fusion würde sicher auch an den Zentralen und Filialen nicht spurlos vorübergehen.
Allerdings sprechen auch einige Argumente gegen die Verschmelzung von Deutscher Bank und Commerzbank. So ist erstere immer noch mit der Integration der Postbank beschäftigt, die sie in der Finanzkrise übernommen hatte. Außerdem läuft noch ein Sparprogramm, das die Deutsche Bank sanieren soll.
Auch die Commerzbank, deren Aktienkurs in den zehn Jahren nach der großen Bankenkrise um mehr als 90 Prozent abgestürzt ist, ist noch mit sich selbst beschäftigt. Bis 2020 will die Bank die Zahl der Vollzeitstellen um 7.300 auf 36.000 verringern. Der Abbau kostet Geld und drückt auf den Ertrag.
Auch die schiere Größe eines Konzerns aus Deutscher Bank und Commerzbank dürfte Aufsehern und Regulatoren Schweißperlen auf die Stirn treiben. Denn der deutsche Bankensektor bestünde dann – mit Sparkassen/Landesbanken und Genossenschaftsbanken – de facto aus drei riesigen Organisationen, die möglicherweise allesamt zu groß wären, um sie im Falle einer erneuten Bankenkrise scheitern lassen zu können.
"Während sich nach der letzten Bankenkrise noch vereinzelte brancheninterne Auffanglösungen organisieren ließen, bliebe nach der Konsolidierung der letzten beiden Großbanken nur mehr die öffentliche Hand als Retter übrig", so der Berater und frühere Deutsch-Banker Hans Kraus.