Pierer übernimmt "politische Verantwortung"

Erstmals hat sich der Ex-Siemenschef und spätere Aufsichtsratsvorsitzende zu einer «politischen Verantwortung» für die Korruption beim Technologieriesen bekannt. Auf dem Weg zum Zeugenstand will er durch den Haupteingang gehen.
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Heinrich von Pierer, ehemaliger Mister Siemens
dpa Heinrich von Pierer, ehemaliger Mister Siemens

Erstmals hat sich der Ex-Siemenschef und spätere Aufsichtsratsvorsitzende zu einer «politischen Verantwortung» für die Korruption beim Technologieriesen bekannt. Auf dem Weg zum Zeugenstand will er durch den Haupteingang gehen.

Der frühere Siemens-Chef Heinrich von Pierer hat erstmals eine «politische Verantwortung» für den Korruptions-Skandal während seiner Amtszeit als Vorstandsvorsitzender eingeräumt. «Wahrscheinlich hätte ich deutlicher sagen sollen, dass ich die politische Verantwortung trage für die Dinge, die während meiner Amtszeit geschehen sind», sagte Pierer der Wochenzeitung «Die Zeit».

Pierer, der von 1992 bis 2005 Siemens-Chef war und danach an die Spitze des Aufsichtsrats gerückt war, fügte an. «Ich dachte, das bringe ich mit meinem Rücktritt als Aufsichtsratsvorsitzender deutlich genug zum Ausdruck.« Kritik, er habe seinen Platz als Siemens-Aufsichtsratschef zu spät geräumt, wies der 67 Jahre alte Manager zurück. «Ich dachte, ich könnte im Aufsichtsrat mehr für Siemens tun als außerhalb», begründete er seine Entscheidung. Im April 2007 war er zurückgetreten. Am 15.November 2006 waren die Ermittlungen gegen Siemens durch eine Großrazzia bekannt geworden.

»Wer mich kennt, weiß: So rede ich nicht.«

Pierer wies erneut Medienberichte zurück, wonach er persönlich Schmiergeldzahlungen angewiesen habe und Manager aufgefordert habe, sich wie «Soldaten von Siemens» zu verhalten. «Wer mich kennt, weiß: So rede ich nicht, das ist nicht meine Sprache. Und so wurde auch bei Siemens nie geredet», zitiert ihn »Die Zeit«. In dem Schmiergeld-Skandal geht es um dubiose Zahlungen von 1,3 Milliarden Euro, die im Ausland zur Erlangung von Aufträgen eingesetzt worden sein sollen. Vor dem Landgericht München I läuft derzeit der erste Strafprozess um die Schmiergeld-Affäre, in dem auch der frühere Chef am 20. Juni als Zeuge geladen ist.

Pierer will Zeugenaussage geradeheraus angehen

Angeklagt ist in dem Prozess ein früherer Manager der Siemens-Festnetzsparte ICN wegen Untreue in 58 Fällen. Er hatte zu Beginn den Aufbau eines Systems schwarzer Kassen im früheren Siemens-Kommunikationsbereich sowie die Abwicklung von Zahlungen eingeräumt. Mehrere andere Mitglieder der ehemaligen Siemens-Führungsspitze hatten bereits angekündigt, dass sie die Aussage in dem Prozess verweigern wollen. Dazu gehören auch die früheren Zentralvorstände Heinz-Joachim Neubürger und Thomas Ganswindt, die als Beschuldigte im Siemens-Verfahren geführt werden. Pierer sagte, er würde die Sache gern »geradeheraus angehen«. «Wenn man zu so etwas hingeht, dann durch den Haupteingang und nicht hintenrum.»

Ermittlungen wegen Verletzung der Aufsichtspflicht

Gegen Pierer selbst gab es bisher keine strafrechtliche Ermittlungen, allerdings wird unter anderem gegen ihn wegen einer Verletzung der Aufsichtspflicht ermittelt. Dies wäre eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu einer Million Euro geahndet werden könnte. Zusätzlich prüft ein Ausschuss des Siemens-Aufsichtsrates mögliche Schadenersatzansprüche. Zuletzt hieß es dazu in einem Zeitungsbericht, die Rechtsabteilung des Konzerns habe ehemalige Spitzenleute wie Ex-Finanzchef Neubürger und Ex- Aufsichtsratschef Karl-Hermann Baumann schriftlich aufgefordert, keine Verjährung gegen etwaige Schadenersatzklagen geltend zu machen.

Affäre ist bedauerlich

Bei einem öffentlichen Auftritt Ende vergangenen Jahres hatte Pierer die Affären bei Siemens als bedauerlich bezeichnet und zugleich erklärt, diese würden vom Konzern energisch aufgearbeitet. Näher war er auf den Korruptionsskandal, der das Unternehmen in eine tiefe Krise gestürzt hatte, nicht eingegangen. (dpa)

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