Pessimismus ist jetzt amtlich

Bisher versuchte die Bundesregierung, ihre Prognosen nah bei «Nullwachstum» anzusiedeln. Doch in einem internen Vermerk des Wirtschaftsministeriums ist von einem erschreckenden Minus im Jahr 2009 die Rede.
von  Abendzeitung
Politik der ruhigen Hand: Ein Bauarbeiter streicht Zement glatt
Politik der ruhigen Hand: Ein Bauarbeiter streicht Zement glatt © AP

Bisher versuchte die Bundesregierung, ihre Prognosen nah bei «Nullwachstum» anzusiedeln. Doch in einem internen Vermerk des Wirtschaftsministeriums ist von einem erschreckenden Minus im Jahr 2009 die Rede.

Die Bundesregierung stellt sich offenbar auf eine Minusprognose für das kommende Jahr ein. Einem Bericht der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» zufolge geht das Wirtschaftsministerium in internen Berechnungen von einer Schrumpfung der Wirtschaftsleistung 2009 um drei Prozent aus. Eine Sprecherin des Ministeriums wollte das am Dienstag weder bestätigen noch dementieren. Sie sagte lediglich, die nächste Prognose werde derzeit erarbeitet. Minister Michael Glos werde sie Ende Januar vorstellen.

Die «FAZ» zitierte aus einem Vermerk des Ministeriums, nach dem Forschungsinstitute einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes bis zu drei Prozent statt bisher zwei Prozent vorhersagen könnten. «Aus heutiger Sicht sind solche noch ungünstigeren Prognosen nicht unrealistisch,» heiße es in der Vorlage. Nach den Schätzungen aus dem Wirtschaftsministerium dürfte das Bruttoinlandsprodukt laut «FAZ» schon in diesem Quartal erheblich zurückgegangen sein: «Ein negatives Quartalswachstum von 1,25 bis 1,75 Prozent im vierten Quartal liegt durchaus im Bereich des Möglichen.» Auch sei es wegen angekündigter Produktionseinschränkungen vieler Unternehmen sehr wahrscheinlich, dass es im ersten Quartal 2009 «zu einem weiteren deutlichen Rückgang» des gesamtwirtschaftlichen Aktivität komme. «Dadurch wären Prognosen von weniger als minus drei Prozent rechnerisch kaum noch zu vermeiden, wenn man nicht im weiteren Jahresverlauf 2009 einen deutlichen Aufschwung in der Berechnung unterstellen würde», zitierte das Blatt aus dem Papier. Seit 1950 ist die deutsche Wirtschaft im Jahresvergleich nach einer Übersicht des Statistischen Bundesamtes nur vier Mal geschrumpft. Der stärkste Einbruch wurde 1975 verzeichnet, als die Wirtschaft um ein Prozent schrumpfte, in den Jahren 1982 und 1993 wurde ein Rückgang von jeweils 0,8 Prozent registriert.

Merkel will neue Straßen, und zwar schnell

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will mit Milliarden-Investitionen in die Infrastruktur die schwächelnde Konjunktur ankurbeln. «Es liegt auf der Hand, dass man im Infrastrukturbereich alles macht, was man schnell machen kann», sagte Merkel am Dienstag bei einem Vortrag am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. «Ich denke, dass da noch mal einige Milliarden zustande kommen.» Die Länder sollten jetzt ihre Planungen für Straßenprojekte vorstellen, damit Bau oder Sanierung «im frühen Frühjahr» beginnen könnten. Merkel sprach sich gegen Konsumgutscheine aus. Davon sei sie «kein Freund».

Konsumforscher rechnen für das kommende Jahr nicht mit einer steigenden Kaufkraft der Verbraucher. Zwar werde das verfügbare Einkommen in Deutschland mit 1.558 Milliarden Euro um 1,1 Prozent über dem Nettoeinkommen von 2008 liegen. Diese Steigerung werde allerdings von der Inflation weitgehend aufgezehrt, prognostizierte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) am Dienstag in Nürnberg. Vieles hänge auch von der weiteren Entwicklung am Arbeitsmarkt und vom Verlauf der Finanzkrise ab, betonten die Konsumforscher. Auch gebe es erhebliche regionale Unterschiede. Vor allem das verfügbare Einkommen ostdeutscher Verbraucher liege im Schnitt deutlich unter dem westdeutscher Haushalte.

Inflation frisst steigendes Einkommen

Pro Kopf wird nach der GfK-Prognose jeder Haushalt im Jahr 2009 über ein verfügbares Einkommen von 18.946 Euro verfügen - staatliche Leistungen wie Arbeitslosengeld, Kindergeld oder Renten inbegriffen. Im Schnitt habe damit jeder Verbraucher 210 Euro mehr als im Jahr 2008. «Allerdings wird der Anstieg des privaten Wohlstands im Jahr 2009 voraussichtlich von der derzeit prognostizierten Inflation wieder aufgebraucht», betonte die GfK. Die reale Kaufkraft werde somit voraussichtlich auf dem Stand von 2008 stagnieren. (AP, dpa)

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