Pariser Polizei nimmt Börsenhändler Kerviel fest

Der Angestellte der Großbank Société Générale wird jetzt zu seinen betrügerischen Geschäften verhört. Er soll vor allem eine desaströse Wette auf den Deutschen Aktien-Index abgeschlossen haben.
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Die Hauptverwaltung von Société Générale
dpa Die Hauptverwaltung von Société Générale

Der Angestellte der Großbank Société Générale wird jetzt zu seinen betrügerischen Geschäften verhört. Er soll vor allem eine desaströse Wette auf den Deutschen Aktien-Index abgeschlossen haben.

Die Pariser Polizei hat am Samstag den Börsenhändler Jérôme Kerviel der Bank Société Générale festgenommen, der für Verluste in Höhe von fast fünf Milliarden Euro verantwortlich gemacht. Das verlautete aus Polizeikreise Kerviel werde zu den betrügerischen Geschäften verhört, die zu den Riesenverlusten geführt haben sollen. Zudem wurde die Hauptverwaltung der zweitgrößten französischen Bank durchsucht.

SG-Chef Daniel Bouton verteidigte in einem Zeitungsinterview das Vorgehen der Großbank, nachdem der Betrugsfall bekanntgeworden war. Die Aufdeckung des Skandals hatte ein Beben ausgelöst und die Frage aufgeworfen, ob der Broker tatsächlich ganz allein gehandelt hatte. Nach Angaben der SG hat Kerviel sich durch seine betrügerischen Geschäfte vermutlich nicht persönlich bereichert. Einige Analysten spekulierten außerdem, die SG habe den Zwischenfall mit ihrem Handeln noch verschlimmert. «Das ist absurd», sagte Bouton dazu der Zeitung «Le Figaro». Jeder könne sich ausrechnen, inwieweit die französische Bank an den Entwicklungen der internationalen Finanzmärkte in den vergangenen Tagen beteiligt gewesen sei. Die hochriskanten Geschäfte seien am 18. Januar vom System der SG entdeckt worden, sagte Bouton weiter. Am 20. Januar sei das Management über das gesamte Ausmaß des Problems informiert worden. Als einen Tag später die Finanzmärkte in Asien und Europa kollabiert seien, «hatte das einen katastrophalen Effekt», wurde der SG-Chef weiter zitiert.

Kerviel setzte 50 Milliarden aufs Spiel

Der verantwortliche Makler Kerviel hatte nach Angaben eines Beraters von Staatspräsident Nicolas Sarkozy bei seinen Spekulationen mehr als 50 Milliarden Euro aufs Spiel gesetzt. Der Betrag überstieg den Börsenwert der SG um rund 15 Milliarden Euro. Die Traditionsbank verlor durch die Spekulationen fast fünf Milliarden Euro. Kerviel soll vor allem eine gigantische Wette auf den deutschen Börsenindex Dax aufgebaut haben, wie das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» am Samstag unter Berufung auf Händlerkreise vorab berichtete. Nach internen Schätzungen soll der Broker demnach vor wenigen Wochen rund 140.000 sogenannte Dax-Futures gekauft haben. Das sind Terminkontrakte, die an der deutsch-schweizerischen Börse Eurex gehandelt werden. Der Dax habe bis zum 18. Januar 600 Punkte verloren und Kerviel damit vermutlich rund zwei Milliarden Euro, zitierte das Blatt Spekulationen von Insidern.

Panische Verkäufe machten alles nur noch schlimmer

Zu diesem Zeitpunkt könnten der Verlust und die Überschreitung des Handelslimits der deutschen Niederlassung des Finanzdienstleisters Newedge aufgefallen sein, schrieb der «Spiegel» weiter. Die Firma wickelt für die SG die Eurex-Geschäfte ab. Angeblich erhielten die Pariser Bankenchefs Alarmsignale aus Deutschland. Panisch hätten sie alle Positionen des SG-Händlers liquidiert und die Verluste durch dieses Missmanagement noch ausgebaut, zitierte das Magazin einen Händler. In der französischen Regierung wird der Vorfall uneinheitlich bewertet. Präsident Nicolas Sarkozy sprach während seines Indienbesuchs von einem «internen Betrugsfall, der weder die Solidität noch die Vertrauenswürdigkeit des französischen Bankensystems infrage stellt». Premierminister François Fillon äußerte Zweifel an der These des Alleintäters. «Es ist schwer zu verstehen, dass ein einzelner in so kurzer Zeit solche großen Verluste verursachen kann», sagte er der Zeitung «Le Figaro». Er kritisierte, dass die Regierung erst am Mittwoch über den Fall informiert worden war, der der Bank bereits am Sonntag aufgefallen war. Fillon beauftrage das Wirtschaftsministerium, innerhalb von acht Tagen einen Bericht über den Fall vorzulegen. (nz)

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