Panik pur auf dem Parkett

Ausverkauf bei Aktien: Der Dax stürzt zeitweise unter 5000 Punkte, Börsen setzen den Handel aus und die Notenbanken greifen weltweit ein – so wie 2001
FRANKFURT/MAIN Rette sich wer kann: Weltweit herrschte gestern an den Börsen Ausverkaufsstimmung. Der Deutsche Aktienindex (Dax) rutschte morgens nach massiven Verkäufen um acht Prozent auf unter 4900 Punkte. Zuvor war der japanische Nikkei über neun Prozent in die Tiefe gestürzt, der drittgrößte Tagesverlust in seiner Geschichte. Der Dow Jones verlor bis 15.30 Uhr gut fünf Prozent.
Mancherorts zog die Börsenaufsicht die Notbremsen: In Indonesien wurde der Handel nach einem Einbruch von über zehn Prozent ausgesetzt. Die Moskauer Hauptbörse stoppte den Handel mit Werten des Index MICEX bis Freitag. In Paris unterbrach eine automatische Sicherung des Handelssystems die Berechnung der Kurse kurzzeitig.
Erst eine konzertierte Aktion der Notenbanken stoppte den Ausverkauf. Die Europäische Zentralbank, die US-Notenbank sowie die Zentralbanken von Großbritannien, China, Schweden, Schweiz, Kanada und Japan senkten die Zinsen um 0,5 bis zu 1,0 Prozentpunkte. Einen vergleichbaren Schritt hatte es zuletzt nach den Terrorangriffen vom September 2001 gegeben.
Zuvor hatte das britische Finanzministerium die Teilverstaatlichung von acht Großbanken angekündigt. Betroffen sind Abbey, Barclays, HBOS, HSBC, Lloyds TSB, Nationwide Building Society, Royal Bank of Scotland und Standard Chartered. London investiert für den staatlichen Durchgriff auf den Finanzsektor 65 Milliarden Euro. Auch Islands Regierung verstaatlichte – bereits zum zweiten Mal – ein große inländische Bank.
Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi berief eine Krisensitzung des Kabinetts ein, um über den Schutz italienischer Banken und der Spareinlagen der Bürger zu beraten. Österreichs Bundesregierung verkündete eine unbegrenzte Sicherung der Spareinlagen rückwirkend zum 1. Oktober. Vergleichsweise unverbindlich nahm sich dagegen der Acht-Punkte-Plan aus, den der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück den westlichen Industrieländern vorschlug. In dem Plan geht es unter anderem um mehr Transparenz und Kontrolle der Banken. Er soll auf der Herbsttagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) besprochen werden.
Der frühere Chef der Deutschen Bank, Hilmar Kopper, plädierte für einen beherzten Zugriff des deutschen Staates auf notleidende Geldinstitute. „Man sollte angeschlagenen Banken keine Garantien geben, sondern sie verstaatlichen“, sagte er der „Zeit“. „Der Staat übernimmt die Institute, rekapitalisiert sie und kann sie danach wieder privatisieren.“ Für den Staat könne sich das lohnen: „Er kauft in der Krise und verkauft, wenn es wieder besser geht.“
Die Finanzkrise zwingt Deutschland 2009 in eine Stagnation, erwartet der IWF. Zu den wenigen Gewinnern der Krise gehören Autofahrer: Rohöl wird wegen der Konjunktursorgen billiger. Im Vergleich zur Vorwoche sanken die Kosten für einen Liter Super im Bundesschnitt auf 1,426 Euro.
Susanne Stephan