Opposition in Sicht!
Niemand weiß mehr, wofür die SPD eigentlich steht - AZ-Chefredakteur Arno Makowsky über die schlechten Zahlen für die SPD
Wenn sonst nichts mehr hilft, dann empfiehlt sich ein Besuch im Biergarten, um den Ärger mit einer Maß hinunterzuspülen. Das hat Frank-Walter Steinmeier, der SPD-Kanzlerkandidat, gestern Abend getan. Neueste Umfragen sehen die Genossen bei 20 Prozent, dem schlechtesten Wert dieses Jahres. Da kann es nicht schaden, sich mit ein paar Parteifreunden in den „Nockherberg“ zu setzen, um sich gegenseitig Mut zu machen.
Steinmeier wird noch öfters in den Biergarten müssen. Sicher, Ulla Schmidts Dienstwagenaffäre mag einiges zu den aktuellen deprimierenden Zahlen beigetragen haben, aber auch skandalbereinigt sieht es nicht viel besser aus. Auch wenn Steinmeier beeindruckend kämpft, auch wenn sein „Deutschlandplan“ positiv aufgenommen wird – angesichts der 17 Prozentpunkte Unterschied zur Union ist die Sache für den SPD-Kandidaten so gut wie gelaufen.
Für die Partei selbst bleibt die Bundestagswahl natürlich spannend: Wird sie wieder Juniorpartner in einer großen Koalition, oder muss sie in die Opposition? Man ist beinahe geneigt, ihr letzteres zu wünschen. Die Wähler in Deutschland, auch die SPD-nahen, wissen heute nicht mehr, wofür diese Partei eigentlich steht. Gerhard Schröders „Neue Mitte“ fühlt sich in der FDP mittlerweile besser aufgehoben, die Traditionalisten wandern zu den Linken ab. Dagegen findet die SPD bisher kein Mittel. In der Opposition könnte die Partei wieder ein eigenes Profil finden. Das sollten die Genossen als Chance, nicht als Katastrophe empfinden.