Ohne falsches Pathos
Natürlich ist die Trauer für viele nur oberflächlich – na und? AZ-Chefredakteur Arno Makowsky über die Trauerfeier für Robert Enke.
Ein Fußballstadion, in dem 40.000 Menschen schweigen. Fans in voller Vereinsmontur, die sich umarmen und weinen. Und ein Verbandspräsident, der sagt: „Fußball ist nicht alles.“ Es ist kaum zu glauben, was im Stadion von Hannover 96 passiert ist: Der viel beschworene Moment des Innehaltens – hier wurde er Wirklichkeit. Ohne falsches Pathos, ohne Peinlichkeit. Egal, wie lange dieser Moment im Bewusstsein der Fußball-Nation anhält: Die Trauerfeier für Robert Enke war der Beweis, dass Trauer sogar im Angesicht von zigtausenden Zuschauern und fünf Fernsehstationen ihre Würde behalten kann. Wenn die Beteiligten die richtigen Worte finden und die Zuschauer sich zurücknehmen.
Ein „Todes-Spektakel“ hatten Kritiker befürchtet, einen oberflächlichen Event, der nur zeige, wie gierig nach Emotionen wir alle seien. Sie haben Unrecht. Natürlich bleibt die Trauer für die meisten Menschen an der Oberfläche, aber was ist schlimm daran? Robert Enke war ein Star der Massen, Millionen mochten ihn, weil er ein herausragender Sportler und ein sympathischer Mensch war. Deshalb ist es nicht geschmacklos, sondern angemessen, auch die Trauer um ihn für Millionen zu zelebrieren – in einem Fußballstadion und im Fernsehen.
Dabei beweinen die Menschen ja keinen Helden. Sie trauern um einen Mann, der vermeintlich stark, in Wahrheit aber schwer krank war und es nicht zugeben wollte. Fußball ist nicht alles, sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger. Das wirklich Bewegende an dieser Trauerfeier ist, dass Fußball-Deutschland einen Moment lang diesen Satz begriffen hat.