Nicolas Berggruen: Der rastlose Märchenprinz

Er wohnt in Hotels oder in seinem Privatjet. Er ist ein Exot, aber kein Traumtänzer – und vor allem: Der 48-jährige Deutsch-Amerikaner ist extrem erfolgreich. Nicolas Berggruen (48) ist der neue Besitzer des Karstadt-Konzerns.
von  Abendzeitung
Nicolas Berggruen verlässt die Karstadt-Hauptverwaltung
Nicolas Berggruen verlässt die Karstadt-Hauptverwaltung © dpa

Er wohnt in Hotels oder in seinem Privatjet. Er ist ein Exot, aber kein Traumtänzer – und vor allem: Der 48-jährige Deutsch-Amerikaner ist extrem erfolgreich. Nicolas Berggruen (48) ist der neue Besitzer des Karstadt-Konzerns.

Er will die Welt verändern und macht Milliarden. Er ist ein Frauentyp und noch zu haben. Er steht in der Forbes-Liste der Reichsten, einen festen Wohnsitz aber hat er nicht. Nicolas Berggruen (48), der neue Besitzer des Karstadt-Konzerns, ist einer der schillerndsten Personen der Wirtschaftsgeschichte – und einer der erfolgreichsten.

25000 Karstadt-Mitarbeiter brauchen schon einen Retter wie aus dem Märchen, wenn sie in ihrem Unternehmen eine Zukunft haben wollen. Und die Vita des Mannes, der jetzt den Zuschlag bekam, kommt dem Märchenprinzen recht nah. So perfekt hört sich das an, man möchte fragen: Wo ist der Haken?

Geboren als Sohn des großen Kunstsammlers Heinz Berggruen saß Klein Nicolas auf dem Schoß von Picasso. Man wohnte in Paris und den USA, „aber zuhause wurde deutsch gesprochen“, sagt der Sohn. Er weigerte sich sogar mal, Englisch zu lernen, „die Sprache der Imperialisten“, wie er sagte. 17 war er da, las Sartre und die Existentialisten. Das Elite-Internat warf ihn raus, doch Nicolas lernte dazu. Er machte seinen Abschluss in London, Wirtschaft, anders als der Vater.

Heinz Berggruen hatte in den USA Kunst studiert, 1939 überredete er von dort seine jüdischen Eltern zur Emigration aus Berlin. Das rettete der Familie das Leben. Vater Berggruen entwickelte einen Sinn für Kunst und Künstler. In Mexiko lernte er die Malerin Frieda Kahlo kennen und kurz lieben. Nach dem Krieg eröffnete Berggruen senior eine Galerie in Paris, er sammelte Picasso und machte ein Vermögen. Im Jahr 2000 schenkte er die Picasso-Sammlung Berlin. der Heimatstadt seiner Eltern

Nicolas war das dritte Kind, das Rebellentum legte sich: „Ich entschloss mich, das System von innen zu verändern.“ Vom Vater bekam er ein paar tausend Dollar. Er ging nach New York, Anfang der Achtziger war das, die Blase der Wirtschaft füllte sich gerade. Berggruen junior kaufte erst Aktien, dann Firmen. FGX, eine Modefirma beispielsweise, Anfang der Neunziger für acht Millionen. 2007 verkauft er sie – für 400 Millionen. Zuletzt kaufte er die spanische Mediengruppe Prisa („El Pais“) für 900 Millionen, und die britische Versicherungsgesellschaft Pearl für 2,6 Milliarden Dollar.

Anders als andere Investoren spekuliert Berggruen nur mit eigenem Kapital. Aber Geld ist nicht alles: „Wie kann ich mit meinem Leben den Unterschied machen,“ sagte er der „Zeit“, „wo kann ich am meisten helfen?“

Doch Berggruen redet nicht nur so. Vor zehn Jahren verkaufte er all seine Häuser, darunter eine Privatinsel vor Florida. Seither lebt er in Hotels für 1300 Euro die Nacht. Dort gibt er auch Partys, wo er und Leonardo di Caprio mit schönen Frauen flirten. „Ich muss ja in Hotels feiern“ kokettiert der Junggeselle, „ich hab ja keine Wohnung“. Stimmt, dafür einen Privatjet, mit dem er sein globales Immobilien-Imperium von Berlin bis Yamassoukrou in Afrika besucht. Er besitzt Windparks in der Türkei und Reisfelder in Kambodscha, kürzlich gründete er das Nicolas-Berggruen Institute, eine Denkfabrik in Kalifornien. Ziel: Haushalt sanieren, grüne Technologien fördern, das Stromnetz intelligenter machen. Gouverneur Schwarzenegger war auch schon da.

So ein Leben inspiriert zu guten Storys, manche findet Berggruen zu gut. In den neunziger Jahren kaufte er die gesamte Auflage eines Magazins auf und ließ sie einstampfen. Sein Bild darin war ihm zu positiv.

Weil er kein Heim hat, steht seine Kunstsammlung (Damien Hirst, Jeff Koons) in einer Lagerhalle. Er wollte die Sammlung – wie einst der Vater – an Berlin verschenken, aber finanzielle Auflagen ließen die Sache platzen. „Wir werden nie Geld ausgeben, ohne dann nichts daraus machen“ sagt Berggruen. Er ist ein Exot, ein Traumtänzer ist er nicht.

Er wird Millionen in den Karstadt-Konzern stecken müssen, Erfahrung im Kaufhaus-Geschäft haben weder er noch sein Partner, der Modemacher Max Azria. Doch niemand spricht Berggruen den Riecher ab und den langen Atem. Gescheitert ist Berggruen bis lang noch nicht. Ein Happy End für Karstadt?

„Wir können gemeinsam etwas aufbauen“ sagt er den Mitarbeitern Vielleicht gibt es ihn wirklich, den Märchenprinz.

Matthias Maus

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