Neun Tage schuften für die Stromrechnung

In den letzten zehn Jahren sind die Preise für Elektrizität drei Mal so stark angestiegen wie die Nettolöhne.
Zugegeben, für die Verbraucher war es eine gute Nachricht, dass die Strompreise in diesem Jahr leicht zurückgegangen sind. Doch Fakt ist: Insgesamt sind die Kosten in den vergangenen zehn Jahren exorbitant gestiegen – und zwar um einiges mehr als der durchschnittliche Nettolohn, wie aktuelle Berechnungen des Informationsdienstes Strom-Report ergeben haben.
Ein deutscher Arbeitnehmer musste im Jahr 2014 durchschnittlich etwas mehr als 71 Stunden für seine Jahresstromrechnung arbeiten. Das ist eine Steigerung von 26 Prozent in den vergangenen zehn Jahren. Umgerechnet auf einen durchschnittlichen Acht-Stunden-Tag bedeutet das: Rund neun Tage im Jahr schuften nur für die Stromrechnung.
84 Euro zahlt ein Drei-Personen-Haushalt pro Monat für Strom
Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sind die Strompreise in diesem Jahr zwar leicht zurückgegangen, doch ein Drei-Personen-Haushalt zahlt derzeit noch immer 84 Euro im Monat für Elektrizität (zum Vergleich: 2014 waren es 85 Euro). Betrachtet man die Strompreise im Zehnjahres-Verlauf, kann der aktuelle Rückgang die starken Strompreiserhöhungen der Vorjahre nicht ausgleichen. 2005 zahlte ein Drei-Personen-Haushalt nur etwas über 54 Euro pro Monat und arbeitete für seinen Jahresstromverbrauch durchschnittlich 56 Stunden. 2014 musste der Stromkunde bei gleichem Verbrauch 15 Stunden länger arbeiten, um die Stromrechnung zu begleichen.
Die Preise sind in zehn Jahren um mehr als die Hälfte gestiegen
Das Durchschnittsgehalt eines Arbeitnehmers in Deutschland lag im Jahr 2014 bei etwa 14 Euro netto pro Stunde. Das sind gut 20 Prozent mehr als noch 2005. Im selben Zeitraum sind die Stromkosten für einen Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden um 55 Prozent gestiegen. Damit haben die Kosten fast drei Mal so stark zugelegt wie die Nettolöhne. Umlagen und Abgaben treiben Energiekosten in die Höhe Der Strompreis für private Verbraucher betrug zu Beginn dieses Jahres durchschnittlich 28,81 Cent pro Kilowattstunde, wie der BDEW ermittelt hat. Seit 2006 hat der Strompreis fast 50 Prozent zugelegt. Zu Beginn der Wirtschaftskrise, Ende 2008, fielen die Einkaufspreise für Strom an der Börse deutlich und die zunehmende Menge an Strom aus erneuerbaren Energien ließ den Großhandelspreis weiter sinken.
Laut Statistischem Bundesamt profitierten die Privathaushalte aber nicht von den sinkenden Preisen. Der Strom wurde nach Juli 2008 sogar noch um 36 Prozent teurer. Grund für die hohen Energiekosten sind vor allem die in den letzten Jahren stark gestiegenen staatlich veranlassten Preisbestandteile wie Umlagen und Abgaben. So ist allein die EEG-Umlage von 0,69 Cent pro Kilowattstunde in 2005 auf 6,24 Cent in 2014 gestiegen. Der Anteil an Steuern und Abgaben macht 52 Prozent des Strompreises aus.
Was Sie zum Anbieterwechsel wissen müssen
Laptop, Nachttischlampe und Waschmaschine haben eins gemeinsam: Sie brauchen Strom. Mehrere hundert Euro pro Jahr müssen Verbraucher dafür einplanen. Sparpotenzial gibt es genug. Dazu gehört unter anderem ein Anbieter-Wechsel – die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
Für wen lohnt sich ein Wechsel? Grundsätzlich für jeden. Nicht nur Haushalte mit Kindern verbrauchen viel Strom. Alleinlebende Senioren beispielsweise benötigen laut Check24 mehr als Singles unter 21 Jahren – berechnet nach Angaben der Kunden des Portals. Ein Grund könnten ältere Geräte in Rentnerhaushalten sein. Ein Wechsel lohne sich insbesondere für diejenigen, die bisher immer bei demselben Versorger waren, sagt Wolfram Hey, Energieberater der Verbraucherzentrale Brandenburg in Potsdam. „Dann beziehen sie in der Regel über den örtlichen Grundversorger Strom zum Grundtarif, und das ist meist die teuerste Variante.“ Das bestätigt Verivox: Ein Haushalt mit einem Verbrauch von 4000 kWh pro Jahr könne im Vergleich zum Basistarif des Grundversorgers durchschnittlich 382 Euro sparen.
Kann ich sofort wechseln? Das kommt auf die Vertragslaufzeit an. Ein Wechsel rentiert sich, wenn der alte Vertrag bald endet, sagt Energieberater Hey. „Meistens beträgt die Laufzeit ein Jahr. Grundversorger haben bei ihrem Basistarif 14 Tage Kündigungsfrist.“ Der Verbraucher muss schriftlich kündigen und sollte sich das vom Versorger bestätigen lassen.
Wie finde ich den günstigsten Anbieter? Am schnellsten über Vergleichsportale im Internet. Das sind neben Check24 und Verivox etwa Toptarif und Mut zum Wechseln. Daniela Czekalla von der Verbraucherzentrale Bayern in München rät, bei mehreren Portalen zu recherchieren: „Die Portale finanzieren sich auch über Provisionen von Anbietern und platzieren oft Angebote ganz oben, die nicht die preiswertesten sind.“ Verbraucher sollten darauf achten, ob die Portale Suchoptionen voreingestellt haben, die nicht zu den Bedürfnissen passen. Ganz wichtig: „Oft wird beim Preisvergleich ein Wechselbonus eingerechnet. Den zahlt der Anbieter aber nur im ersten Jahr“, sagt Czekalla. Die tatsächlichen Preise ermitteln Verbraucher also, indem sie den Bonus rausrechnen.
Welche Stolpersteine gibt es? Czekalla rät dazu, nur Verträge mit maximal einem Jahr Laufzeit abzuschließen, weil die Preise tendenziell sinken. Auch Verträge mit Vorkasse seien schlecht, weil der Verbraucher auf den Kosten sitzen bleibt, wenn der Anbieter Insolvenz anmeldet. Hey warnt vor Paketpreisen: „Wenn man mehr braucht, als im Paket enthalten ist, kann das teuer werden.“ Wer nicht gleich den Anbieter wechseln will, kann bei seinem Grundversorger nach Sondertarifen fragen.