Neue Pläne der Post: Die Mühen der Ebene

Ex-Postchef Zumwinkel plante die kühne Expansion. Doch die endete in Amerika mit einem Debakel. Nun muss die Post damit leben, dass ihre Manager in den Medien mit Hitlerbärtchen dargestellt werden. Und der neue Postchef Appel backt erstmal kleinere Brötchen.
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Abgestürzt: Hubschrauber der Post-Tochter DHL vor der New Yorker Freiheitsstatue. In den USA versenkten die Postmanager fünf Milliarden und verschicken jetzt 15 000 Kündigungsbriefe.
abendzeitung Abgestürzt: Hubschrauber der Post-Tochter DHL vor der New Yorker Freiheitsstatue. In den USA versenkten die Postmanager fünf Milliarden und verschicken jetzt 15 000 Kündigungsbriefe.

BERLIN/MÜNCHEN - Ex-Postchef Zumwinkel plante die kühne Expansion. Doch die endete in Amerika mit einem Debakel. Nun muss die Post damit leben, dass ihre Manager in den Medien mit Hitlerbärtchen dargestellt werden. Und der neue Postchef Appel backt erstmal kleinere Brötchen.

Es war einmal… ein postgelber Traum. Die Globalisierung, so der Traum, werde allen, die Briefe oder Waren quer über den Globus von Adam zu Eva karren, stetig steigende Gewinne bescheren – so auch der Deutschen Post.

Ganz so schön wurde die Geschichte dann bekanntlich doch nicht. In den Vereinigten Staaten verbrannten sich die Träumer der Post gehörig die Finger: Sie versenkten rund fünf Milliarden Euro.

Postchef Frank Appel verschickt jetzt 15000 Kündigungsbriefe. Er muss damit leben, dass Post-Manager in US-Medien mit Hitlerbärtchen dargestellt werden, und darf sich neue Visionen für sein Unternehmen aus den Fingern saugen – und die fallen eher bodenständig aus.

Ob er sich vorstellen kann, in die Vereinigten Staaten zu fliegen, den US-Postlern persönlich Rede und Antwort zu stehen? „Dazu habe ich im Moment keinen Plan“, sagt der schlaksige Manager zur AZ, bemüht sich aber, Mitgefühl für die Betroffenen zu zeigen. „Ich finde das schrecklich für die Menschen.“ Er habe eine „ruckartige“ Entscheidung durchziehen müssen – das Schlimmste für einen Manager, sagt er. „Ich hoffe, dass ich das in meiner Karriere nie wieder tun muss.“

Jetzt gibt der 47-jährige gelernte Neurobiologe, der vor einem halben Jahr den über den Verdacht der Steuerhinterziehung gestolperten Klaus Zumwinkel ersetzt hat, den bedächtigen Konzern-Kümmerer. Großspurige Firmen-Zukäufe, Trennung von Konzernteilen wie zuletzt der Postbank soll es erst einmal nicht mehr geben, statt dessen fleißiges, aber wenig schlagzeilenträchtiges „Kleinklein“, alltägliches Feilen an niedrigeren Kosten, besseren Abläufen: „Das ist nicht spannend. Das ist nicht aufregend. Aber das ist genau das, was das Unternehmen braucht.“ Appel, der auf die Manager-Insignie Blackberry und ständige E-Mail-Kommunikation verzichtet, zelebriert keine Gipfelstürmerei wie sein Ziehvater Zumwinkel, sondern brave Kärrnerarbeit in der Ebene.

„Mit 38,5 Stunden pro Woche wird es nicht gehen“

Die 500000 Postler weltweit dürfen sich auf beständige Kostendiskussionen einstellen. In Deutschland gilt für sie ein Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen bis 2011, aber die siebenprozentige Lohnerhöhung bis 2009 bezahlt die Belegschaft mit einem Verzicht auf ein Drittel ihrer bezahlten Pausen. Und Appel lässt nicht locker. „Mit 38,5 Stunden pro Woche wird es nicht gehen“, sagt er jetzt. Arbeitsplatzsicherheit und ein akzeptables Auskommen für die 220000 deutschen Postler werde es in Zukunft nur mit längerer Arbeit geben.

Der Briefmarkt schrumpft, im nächsten Jahr dürfte für große Teile der Sendungen das Mehrwertsteuer-Privileg der Post fallen – da will Appel gegensteuern. „Ich möchte keine ruckartigen Probleme.“ Amerika lässt grüßen.

Die Arbeit der Postboten wird härter

In Bayern zählt die Post rund 35000 Mitarbeiter, in München sind es 3500 Beschäftigte. Seit ein Teil der bezahlten Pausen gestrichen worden ist, teilt die Post ihren Briefträgern größere Zustellbezirke mit entsprechend mehr Sendungen zu. Die Arbeit der Briefträger, die noch nie ein Zuckerschlecken war, werde immer anstrengender, klagen bundesweit die Betriebsräte.

Verdi forderte bereits bundesweit 10000 zusätzliche Zusteller, damit die Arbeit wieder auf mehr Schultern verteilt werden kann. „Unrealistisch“, urteilte Frank Appel. Am vergangenen Mittwoch kam es zum Showdown zwischen Vorstandschef Frank Appel und den aufgebrachten Betriebsräten. Um, wie er sagt, „guten Willen zu zeigen“, ließ sich Appel darauf ein, immerh

Wie schnell diese 1000 neuen Kollegen allerdings kommen, muss sich erst zeigen. Nicht jeder Arbeitslose will oder kann Briefträger werden. „Wir stellen ein“, heißt es beispielsweise in München. Aber viele neue Beschäftigte werfen in der Probezeit hin, wenn sich denn nicht die Post von ihnen trennt.

Appel sieht die Schwierigkeiten bei der Personal-Acquise mit „einem lachenden und einem weinenden Auge“. Die Briefträger seien so etwas wie der „Gradmesser des Arbeitsmarktes“, sagte er zur AZ – und „wenn wir uns der Vollbeschäftigung nähern, wird es eben mühsamer, Personal zu finden“.

Susanne Stephan

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