Neu in Rente: "Von Anfang an genossen"
MÜNCHEN Als Alfred das Basislager des Mount Everest erreicht, kommt er gleich doppelt an. Er ist am Ziel seiner Reise ins Himalaya. Und er ist am Ziel seines Lebens: im Ruhestand. Alfred war sein ganzes Arbeitsleben lang Rechtspfleger am Amtsgericht, zuletzt in Regensburg, wo er jetzt immer noch wohnt. Seinen Nachnamen will er nicht auf abendzeitung-muenchen.de lesen, weil es darum ja nicht geht in dieser Geschichte. Sondern darum, dass der Ruhestand für ihn die schönste Zeit im Leben ist.
An einem sonnigen Augusttag sitzt der 75-Jährige mit seiner Frau Roswitha im Münchner Hofgarten im Gras und erzählt davon, wie sehr er sich auf den Ruhestand gefreut hat. „Zum Schluss war die Arbeit nicht mehr schön“, sagt er. „Es wird im Alter anstrengender und die Umstellung auf immer mehr EDV machte mir auch keinen Spaß.“ Mit 60, so habe er sich immer gesagt, wolle er in Rente gehen. Das tut er dann auch – und ist vom ersten Tag an glücklich.
„Ich hatte keine Übergangsangst oder irgendwelche Zweifel,“ erzählt er. „Es war höchstens eine Woche lang ungewohnt – aber ich habe es von Anfang an genossen.“ Alfred macht eine Weltreise, sein Weg führt ihn auch an den Mount Everest. Als er von dort heimkehrt, beginnt auch für seine Frau Roswitha eine neue Zeit. „Ich hatte schon ein paar Bedenken“, sagt die 68-Jährige. „Wie wird das, wenn der Mann jetzt auf einmal die ganze Zeit daheim ist?“ Plötzlich habe sie ihrem Mann mehr Zeit widmen müssen als bisher. Zuvor hatte sie einen festen Wochenplan, hatte zuerst im Einzelhandel gearbeitet und sich dann vor allem um die drei Kinder gekümmert, von denen zwei wegen einer schweren Krankheit besonders viel Fürsorge brauchten.
Auch sie war eingespannt in eine tägliche Routine. Doch als ihr Mann in Ruhestand geht, bemerkt auch Roswitha: „Die Kinder haben ihre Krankheiten angenommen, sie leben selbstständig und glücklich. Und dass Alfred und ich auf einmal so viel gemeinsame Zeit haben, ist sehr schön!“ Das Paar nutzt den gemeinsamen Ruhestand von Anfang an vor allem um zu reisen. Alfred gibt ab und an noch Fortbildungen für Beamte. „Aber nur, wenn wir die Seminare mit schönen Ausflügen nach Norddeutschland verbinden konnten. Das war eher ein Hobby, durch das wir immer wieder neue Orte kennenlernen konnten.“
2007 hört er aber auch damit auf. „Mir hat es seit der Pensionierung nie gefehlt, zu arbeiten“, sagt er. Manchmal erledige er noch rechtliche Kleinigkeiten für Freunde oder Bekannte. Aber verpflichten will er sich nicht mehr. „Deshalb hab ich auch eine ehrenamtliche Stelle als Kirchenpfleger abgelehnt. Ich will in keine Struktur mehr eingebunden sein.“ Außer in die Ehe mit Roswitha natürlich.
Die beiden genießen die neue Freiheit gemeinsam. „Wir konnten erst im Ruhestand richtig spontan sein und viel reisen“, sagt Roswitha. Und das nutzt das Paar aus: „Jetzt kommen wir so richtig in der Welt herum: Griechenland, Türkei und Ägypten kennen wir sehr gut, zuletzt waren wir auch in den baltischen Ländern.“ Vor allem Städte stehen auf dem Reiseplan. „Von Warschau bis New York.“ Dabei ist es ihnen wichtig, immer eigenständig zu sein. „Wir reisen immer privat, auf eigene Faust. Wir wollen mobil sein und uns nicht von einem Reiseveranstalter reinreden lassen.“
Trotz aller Reisen gefällt es Alfred und Roswitha natürlich auch daheim: „Wir radeln sehr gerne, in Regensburg oder auch in der Gegend um München“, sagt Alfred und Roswitha fügt hinzu: „Außerdem gehen wir sehr viel in Ausstellungen oder in die Oper.“ Auch an diesem Sommertag haben sie sich eine Ausstellung in München angeschaut. Jetzt lassen sie den Tag im Hofgarten ausklingen. Sie hören zwei Schülerinnen zu, die mit Gitarre und Saxofon bekannte Jazz-Klassiker spielen. Als sie fertig sind, steht Roswitha auf, gibt ihnen Geld und setzt sich wieder zu Alfred ins Gras. Dann sagt sie: „Jetzt sind wir frei und können ganz füreinander da sein, solange uns unsere Füße noch tragen.“
Aktiv im Ruhestand - mit der Münchner Senioren-Volkshochschule
Zur Ruhe setzen sich immer weniger im Ruhestand. Der aktive Rentner ist im Trend. Das spüren sie an der Volkshochschule (VHS), genauer an der Seniorenvolkshochschule in München. „Sprachen und Gesundheit, Kultur und EDV“ sagt Andrea Kelle von der VHS. Das sind die Renner im Programm. Insgesamt 1147 Veranstaltungen bot die VHS im vergangenen Semester eigens für Senioren an. 2011 waren es noch rund 50 weniger. Kamen 2010 rund 11500 Ältere zu den Veranstaltungen, waren es vergangenes Jahr mehr als 14000. Das Schulenglisch auffrischen zum Beispiel – das wollen viele: „Da gibt’s auch die schönsten Erfolgserlebnisse“ sagt Andrea Kelle. „Da stellt man oft fest, ach, daran erinnere ich mich!“
Die älteren Volkshochschüler lernen auch anders: „Wir haben viele treue Stammkunden, die acht, neun Jahre dabei sind.“ Die Sprachangebote will die VHS ausweiten.“ auch für solche, die Neuland betreten wollen. „Ab November gibt’s einen Schnupperkurs Chinesisch, und im neuen Semester zwei Kurse Türkisch“, sagt Kelle. Angesprochen werden nicht nur deutschsprachige Münchner: „Ich du wir – deutsch lernen im Alltag läuft seit 2012 im Stadtteilzentrum Hasenbergl: „Wird gut angenommen“, sagt Frau Kelle.
Nicht nur für den Geist, auch für den Body tun Münchens Rentner gerne was. „Zumba Gold“ heißt der Renner, 60 reifere Tänzerinnen sind in 5 Kursen aktiv. Außerdem gibt es drei Bauchtanz-Gruppen. Längst langweilt die Älteren der schnöde Computer-Kurs. Was man mit Smartphone oder Tablet anfangen kann, das wollen allerdings immer mehr bei der VHS wissen.mm. Das Programm der Senioren Volkshochschule erscheint am 2. September 2013 in print und online, zeitgleich startet auch die Anmeldung. Täglich frische Kurse - Sie können sich die gesamte Programmlaufzeit online, persönlich, schriftlich oder telefonisch anmelden. Das Programm erhalten Sie kostenlos in allen Häusern der MVHS, den Münchner Stadtbibliotheken und der Stadtinformation am Rathaus. Informationen und Anmeldung:auch unter (0 89) 72 10 06-26/27
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