Nachsitzen!
"Jeder sechste Hauptschüler verlässt die Schule ohne Abschluss": Julia Lenders, die Kommunalpolitik-Redakteurin, über die Baustelle Bildung.
Wenn dieser langweilige Wahlkampf bislang überhaupt ein Thema hatte, dann war es wohl die Bildung. G8-Stress und Lehrermangel – eigentlich Steilvorlagen für die Opposition. Jetzt packte Münchens Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) eine Zahl aus, wie sie schockierender kaum sein könnte: 17,3 Prozent aller Hauptschüler in München verlassen die Schule ohne Abschluss. Mehr als jeder Sechste! Zwar bemühen sich Stadt und Staat, diese Jugendlichen in Förderprojekten aufzufangen. Und sie zum Beispiel in Praxisklassen auf den Berufsalltag vorzubereiten. Allein: Einen Quali bekommen sie dort auch nicht mehr. Bildungsgerechtigkeit? Fehlanzeige.
Doch nicht nur bei den schwachen Schülern muss Bayern dringend nachsitzen. Auch an den Gymnasien zeigen sich die Versäumnisse in der Bildungspolitik. So gibt es in München nur zwei städtische Gymnasien mit einem sogenannten rhythmisierten Ganztagsangebot. Und gerade einmal eine staatliche Schule, die das achtjähriges Gymnasium in Ganztagsform anbietet. Dementsprechend groß ist die Nachfrage. „Wir müssen viele Kinder abweisen“, heißt es bei der Stadt.
Die Schüler von heute sind – wenn sie einen Abschluss machen – die Ärzte, die Handwerker, die Busfahrer und die Lehrer von morgen. Und falls dieses Argument beim Kultusminister nicht ziehen sollte: Die Schüler sind auch die Wähler von morgen. Eigentlich unverständlich, dass derWahlkampf so langweilig war. Denn eigentlich lagert auf der Baustelle Bildung genügend sozialer Sprengstoff.
Die Autorin ist Kommunalpolitik-Redakteurin der AZ.
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