Nach dem Gipfel ist vor der Reform

Alle Teilnehmer scheinen zufrieden zu sein: Man konnte sich auf einen Aktionplan einigen, ein Signal ist gesetzt. Doch was jedes Land davon tatsächlich umsetzt, wird sich erst im nächsten Jahr zeigen.
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Teilnehmer beim Gruppenfoto
dpa Teilnehmer beim Gruppenfoto

Alle Teilnehmer scheinen zufrieden zu sein: Man konnte sich auf einen Aktionplan einigen, ein Signal ist gesetzt. Doch was jedes Land davon tatsächlich umsetzt, wird sich erst im nächsten Jahr zeigen.

Auch wenn am Ende alle lächelten und sich zufrieden zeigten: Von einem Gipfel voller Harmonie konnte kaum die Rede sein. Der scheidende US-Präsident George W. Bush hielt mit Warnungen vor zu drastischer Kontrolle der Märkte als Konsequenz der globalen Finanzkrise nicht hinterm Berg. Am anderen Ende der Skala wünschte sich Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy eine neue Ära «globaler Regulierung». Doch angesichts weltweiter Börsenabstürze und kaum Licht am Ende des Krisen-Tunnels blieb den rund 20 Staats- und Regierungschef beim Weltfinanzgipfel in Washington keine Zeit für Streit - ein Kompromiss musste her, ein politisches Signal, um das zerrüttete Vertrauen in das Weltfinanzsystem wiederherzustellen.

Das gelang wohl. Aber mehr als ein Anfang konnte es nicht sein, was die beispiellose Runde unter dem grau verhangenen Himmel in der US-Hauptstadt absegnete. «Es gibt viele Länder mit ihren eigenen Interessen und ihren eigenen politischen Zielrichtungen», meinte der britische Premier Gordon Brown zur Vielstimmigkeit. Der amtierende EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy ließ durchblicken, dass die Verhandlungen mit den Amerikanern nicht ganz leicht waren. «Europa stand geeint wie ein Mann», resümierte der Franzose.

Schärfere Kontrollen für Hedge-Fonds

Immerhin: Kein Finanzmarkt, kein Produkt und kein Marktteilnehmer soll mehr vom Radarschirm der Aufsicht verschwinden können, verabredeten die Gipfelteilnehmer.

Schärfere Kontrolle sollen sich künftig auch die spekulativen Hedge-Fonds und umstrittenen Ratingagenturen gefallen lassen müssen. «Wir haben wichtige Schritte zu einer globalen Wirtschaftsordnung gemacht», freute sich Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). «So etwas hat es in dieser Größenordnung und Konkretheit noch nie gegeben», sekundierte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD). Aber der Teufel steckt im Detail, und es ist nun den eingesetzten Arbeitsgruppen überlassen,

unter die großen Überschriften aus den Federn der politischen Spitzen feinen Text zu setzen. Viel Zeit bleibt ihnen nicht, das Weltfinanzsystem umzukrempeln und Böden verstärkter Überwachung und Kontrolle einzuziehen. Schon im April wollen die Staats- und Regierungschefs abermals zusammenkommen, vermutlich in London, um den Katalog abzuzeichnen.

Rolle des IWF ändern

Die aufstrebenden Wirtschaftsgiganten wie Indien oder China ließen es sich nicht nehmen, auf einen Stammplatz am Tisch der Reichen zu pochen. «Gruppen wie die (sieben größten Industrienationen) G7 genügen den Anforderungen der heutigen Zeit nicht mehr», formulierte es der indische Premierminister Manmohan Singh auf dem Gipfel. «Jede neue (Finanz-)Architektur muss wirklich multilateral sein und die veränderte wirtschaftliche Wirklichkeit widerspiegeln.» Ähnlich sieht es Brasilien. «Das Treffen der G20-Führer muss zur Institution werden», verlangte Außenminister Celso Amorim. Die Industrienationen stellten sich nicht taub. So soll das Forum für Finanzstabilität (FSF), bislang lediglich eine Veranstaltung reicher Länder,

«dringend» um Schwellenländer erweitert werden, heißt es in der fünf Seiten umfassenden Abschlusserklärung des Finanzgipfels. Und auch der Internationale Währungsfonds (IWF) müsse den kommenden Wirtschaftsmächten mehr Mitsprache einräumen. Gemeinsam sollen beide Organisationen dann mit anderen Institutionen heraufziehende Krisen frühzeitig erkennen und rasch handeln. Der designierte US-Präsident Barack Obama nahm zwar selbst nicht am Gipfel teil, war aber dennoch für alle präsent. Noch- Amtsinhaber Bush sagte in seiner Abschlussrede, er habe den Nachfolger umfassend über die Beratungen informiert. «Es ist im Interesse unseres Landes, dass er Erfolg hat», sagte Bush - und es klang als drückte er Obama vor allem mit Blick auf die Finanzkrise die Daumen. (Frank Brandmaier, Roland Freund, dpa)

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